Mit der Unterstützung von AG Kurzfilm und German Films reiste ich im September 2018 nach Japan zum Nara International Film Festival. Das Festival wurde vor zehn Jahren von Naomi Kawase in ihrer Heimatstadt ins Leben gerufen. Kawase gewann 1997 als jüngste Regisseurin überhaupt die Goldene Palme als „Best New Director“ in Cannes und freut sich seitdem großer, internationaler Aufmerksamkeit.
Die Auswahl des Festivals ist sehr klein, dafür wird den teilnehmenden Regisseuren sehr viel Fürsorge geschenkt. Die Anzahl an Praktikanten ist enorm sodass man zu jederzeit assistiert wird. Es gibt zwei Wettbewerbe, den internationalen Wettbewerb für Langfilme und „NaraWave“ für studentische Projekte aller Längen. Die Qualität der Filme in beiden Sektionen beeindruckte mich sehr. Außerdem gab es Gastbesuche und Screenings von Berlinale Generation, Cinevision und Cinéfondation. Die Förderung von jungen Talenten ist das Hauptanliegen dieses Festivals, deshalb waren sogar im internationalen Wettbewerb alle Regisseure von jungem Alter. Es lag eine besondere Aufmerksamkeit auf den drei internationalen Beiträgen von Nara-Wave, da hier zum ersten Mal auch studentische Projekte außerhalb Japans eingeladen wurden. Mein Film lief zwei Mal zusammen in einem Programm mit „Retouch“ von Kaveh Mazaheri und „De Madrugada“ von Inês de Lima Torres, den einzigen anderen nicht-japanischen Produktion in Nara-Wave. Im Anschluss des Screenings wurden wir um Interviews gebeten, die vom Selektionsleiter geführt wurden.
Zwei der drei Screening-Venues waren sehr modern und professionell, wobei die Halle, in der die Nara-Wave-Fime gezeigt wurden, zum Kino umfunktioniert wurde. Zwar gab es auch hier 5.1. Surround Sound, aber die Atmosphäre v.a. während des Q&A litt etwas unter dem grellen Licht. Dafür waren die Screenings sehr gut besucht und die Fragen im Anschluss warfen interessante Perspektiven auf.
Nara-Wave Regisseure wurden nicht im Hotel, sondern in einem Gasthaus untergebracht, wo man sich darauf einstellen musste, das Zimmer mit anderen Regisseuren zu teilen. Gefrühstückt wurde gemeinsam im Hotel und man bekam als Zuschuss für Mittagessen Voucher, die man in 30 Restaurants in der Stadt verteilt einlösen konnte. Am Abend gab es eine offene Bar und Snacks für alle Regisseure in einem Restaurant, was Gelegenheit bot sich intensiv mit anderen Filmemachern auszutauschen. Es wurde außerdem ein gemeinsames Frühstück mit Naomi Kawase organisiert und eine Masterclass mit dem Kopf der Jury des internationalen Wettbewerbs Christian Mungiu.
Nach fünf Tagen endete das Festival genauso feierlich wie es begann. In der Eröffnungszeremonie gab es einen roten Teppich mit ausgiebigen Fotoshootings, wo ich allerdings nicht dabei sein konnte, da ich wegen der Auswirkungen eines Taifuns, der den Flughafen in Osaka beschädigte, später als geplant anreiste. Die Award-Zeremonie war sehr gut und höchst feierlich organisiert. Im Anschluss gab es ein Bankett mit ausgiebigen Dankesreden.
Das Festival wurde begleitet von Fotoausstellungen und Kunstperformances in der Stadt, was der Stadt noch mehr Charme verlieh, als sie durch ihre ästhetischen Gärten und beeindruckende Architektur schon trägt. Nara ist eine der alten Hauptstädte Japans und reich an buddhistischen Traditionen. Außerdem sind die unzähligen Rehe, die als Boten der Götter sich in der Stadt komplett frei bewegen können ein unvergesslicher Anblick.