Als ich für Juli 2018 auf das Ischia Film Festival eingeladen wurde, hatte ich vorher noch nie von diesem Festival gehört. Ich habe mich über die Premiere im Ausland gefreut und habe bei der Recherche schnell herausgefunden, dass es ein sehr besonderes Festival sein muss. Es findet jährlich auf der Insel Ischia, nähe Neapel statt und überzeugt durch seine atemberaubende Kulisse.
Das Festivalgelände befindet sich ausschließlich auf der Festung „Castello Aragonese“, die auf einer winzigen Felsinsel direkt an Ischia liegt.
Die alten Mauern der Festung bieten eine wunderschöne Atmosphäre für das Festival. Jeder Abend wird mit Weinempfang exklusiv für die Filmemacher eröffnet auf einer Terrasse, die sich hervorragend dafür eignet, den Sonnenuntergang über dem Mittelmeer zu beobachten. Wenn es dunkel genug ist, begibt man sich zu einem der fünf Innenhöfe, in denen unter freiem Himmel die Kurz-, Lang- und Dokumentarfilme gezeigt und moderiert werden. Jeder anwesende Filmemacher bekommt die Chance seinen Film vorzustellen und kurz über das Projekt zu erzählen. Langfilme werden verständlicherweise weit ausführlicher besprochen als Kurzfilme.
Wer sich nach einer Pause sehnt, kann am späteren Abend mit seinem VIP-Badge auf eine weitere Terrasse, wo es wieder Wein und ein leichtes Abendessen umsonst für die Gäste gibt. Hier ist der perfekte Ort, um andere Filmemacher und Mitarbeiter des Festivals kennenzulernen. Doch wer sich hier zu lange aufhält, verpasst das Wichtigste: Denn das Programm am Abend geht schnell vorbei und gegen 1 Uhr nachts wird das Festivalgelände geschlossen.
Als Regisseur eines Kurzfilms wurde ich mit einer Begleitung meiner Wahl für 2 Nächte in eines der Hotels in der Nähe des Festivals untergebracht. Das Hotel hatte sogar einen kleinen Privatstrand und hat keine Wünsche offen gelassen. Weitere Übernachtungen, die An- und Abreise muss man selbst tragen. Um den Ort und das Festival genießen zu können, haben wir noch 2 weitere Nächte auf der Insel verbracht, was dort leider nicht ganz günstig aber sehr empfehlenswert ist.
Natürlich: wer Zeit und Geld hat, sollte bei der Gelegenheit unbedingt auch einen Besuch in Neapel und Pompeji einplanen. Oder sogar noch die Amalfi-Küste besuchen. Es ist eine wunderschöne Gegend, reich an Kultur und Geschichte.
Doch bei all den bestechend schönen Rahmenbedingungen muss ich zum eigentlichen Festival leider noch Kritik anbringen. Obwohl es sich um ein internationales Festival handelt, liegt der Schwerpunkt sehr auf dem italienischen Film. Eigentlich etwas, auf das ich mich gefreut habe, doch mussten wir vor Ort feststellen, dass ein Großteil dieser Filme ohne Untertitel gezeigt werden. So hatten wir oft – trotz 5 verschiedener Spielstätte – nicht wirklich die Wahl und mussten uns an den untertitelten Filmen orientieren. Wirklich ärgerlich war es, als einer der Langfilm-Highlights ohne Untertitel projiziert wurde, obwohl sie im Programm angekündigt waren.
Die allermeisten Film-Gespräche waren ebenfalls auf Italienisch und wurden leider nicht für die internationalen Gäste übersetzt. Weiteres Rahmenprogramm sucht man vergeblich.
Allgemein gab es hin und wieder südeuropäisches Chaos: Je nach Windrichtung hört man teilweise den Ton der anderen Kinos lauter als den Eigenen; die Technik hat nicht immer einwandfrei funktioniert; eine Kurzfilm-Datei konnte überhaupt nicht abgespielt werden, was scheinbar im Vorhinein nicht richtig getestet wurde.
Jedem, der in Zukunft dort eingeladen wird, kann ich nur empfehlen, sich gründlich vorzubereiten, mehrere Datei-Formate mitzubringen und schon im Vorhinein den Kontakt zum Festival zu suchen. Auf diesem Weg wird man über Vieles genauere Informationen erhalten, die ansonsten in dem Chaos untergehen könnten.
Richtige Festival-Stimmung kam dadurch bei uns also nicht auf. So mussten wir uns schlussendlich damit abfinden, an einem wunderschönen Ort zu sein; das Beste daraus machen; und die Urlaubsatmosphäre drängte sich mehr in den Vordergrund als der ursprüngliche Grund, wegen dem wir angereist sind.
Trotzdem war es natürlich eine tolle Erfahrung und ich bin froh darüber, den Weg auf mich genommen zu haben, um meinen Film das erste Mal einem Publikum zu präsentieren.