Mogolei - Golden Ger Festival 2024
Ich wurde im Rahmen des Programms „Short Export 2024“, das von der AG Kurzfilm in Kooperation mit dem Goethe Institut kuratiert wird, von dem Goethe Institut der Mongolei nach Ulan Bator zum Golden Ger Festival eingeladen. Insgesamt war es eine sehr spannende Erfahrung. Ich habe sehr nette Menschen kennengelernt, Freundschaften knüpfen können und habe einen guten Einblick in die Filmszene des Landes bekommen.
Zum Festival:
Das Festival dauerte vier Tage. Ich war zur Eröffnung eingeladen und mir wurde für jeden Tag ein Programm erstellt, an dem ich aber nicht zwingend teilnehmen musste. Fast jeden Tag wurde ich zum Mittag- oder Abendessen mit einem*r Filmemacher*in oder dem Team eingeladen. Es waren zwei weitere Filmemacher eingeladen, die bereits mehr Industrie- und Festivalerfahrung als ich hatten. Sorayos Prapapan, einer der Filmemacher, gab einen Workshop über seine Filmerfahrung in Thailand, wo er als Tonmann anfing. Nun premierte sein erster Langfilm in Locarno. Auch die Filmemacherin Zoljargal Purevdash, die letztes Jahr als erste mongolische Filmemacherin mit ihrem Film „If only I could hibernate“ im Wettbewerb „Un Certain Regard“ der Filmfestspiele Cannes teilnahm, lernte ich kennen. Durch ihren Erfolg bekam die Filmszene in der Mongolei mehr Aufmerksamkeit. Auch die aktuelle Regierung setzt sich aktiver für Filmförderung ein, was dazu führte, dass das Festival in diesem Jahr zum ersten Mal durch staatliche Förderung unterstützt wurde. Das Festival besteht schon seit 10 Jahren, wurde aber von Freund*innen und Cinephilen meist ehrenamtlich organisiert. Alle Mitarbeitenden waren ziemlich jung, und teilweise gerade erst im Studium. Ich spürte die Begeisterung, die alle im Team für Film haben und ich kann mir gut vorstellen, dass die Filmszene in Ulan Bator in den nächsten Jahren noch mehr wächst. Auch den Leiter und einen Mitarbeiter des Goethe Instituts lernte ich kennen. Sie konnten mir viele Informationen über die Stadt und die Zusammenarbeit der Länder geben und empfingen mich sehr freundlich. Insgesamt ist das Festival aber nicht sehr groß und eher von nationalem Publikum besucht. Dieses Jahr fand es zum ersten Mal in vier verschiedenen Kinos statt, von denen zwei nur mit dem Auto zu erreichen waren. Deswegen haben sich die Zuschauer*innen sehr verteilt und die Vorstellungen waren nicht sehr gefüllt. Die Auswahl der Filme im Festival war sehr abwechslungsreich und spannend. Es gab Wiederaufführungen von erfolgreichen Filmen aus dem letzten Jahr, aber vor allem auch historische Filme über die Kultur in der Mongolei und aktuelle mongolische Filme von jungen Filmemacher*innen (die teilweise leider keine englischen Untertitel hatten).
Ich sollte selbst auch einen Workshop geben, der wurde aber abgesagt, da die Planung bei mir am Anfang etwas unsicher war. Ich wurde aber für ein relativ langes Q&A eingeladen, hielt bei der Preisverleihung eine kurze Dankesrede und überreichte einen der Festivalpreise.
Zur Stadt:
Uns wurde ein junger Guide vom Festival zugeteilt, der uns vom Flughafen abholte, uns durch die Stadt führte und zu den Screenings fuhr. Die Stadt ist wirklich beeindruckend. Von den 3,3 Millionen Einwohner*innen der Mongolei insgesamt leben 1,4 Millionen nur in Ulan Bator. Da es keine Bahnen gibt und der Verkehr nur über Autos und Busse stattfindet, verbringt man leider viel Zeit im Verkehr und im Stau.
Während des Festivals fand die Artweek, ein Jurten Festival und der Europatag mit Ständen und Konzerten statt. Es gab also viele Möglichkeiten moderne Kunst und traditionelle Kultur anzuschauen, sowie abends auszugehen.
Da die Währung (Mongolischer Tugrik) viel schwächer ist als der Euro, ist alles sehr günstig.
Auch wenn die Stadt erstmal wie eine Betonwüste wirkt, entpuppt sie sich doch als vielseitige Stadt, bei der man öfter mal hinter die Fassade schauen muss. In den vielen Hochhäusern, sind oft interessante Läden, Restaurants oder Museen.
Obwohl das Land selbst eine lange Geschichte hat, ist die Stadt insgesamt im Vergleich zu europäischen Städten extrem jung, da in der Mongolei die Menschen bis heute vor allem nomadisch leben und in der Vergangenheit keine großen Tempel oder Festungen gebaut haben, sondern immer weiter gereist sind.
Es gibt eine Statue etwa eine Stunde mit dem Auto entfernt von der Stadt, die ein großes Ziel für Touristen ist, aber erst 2008 eingeweiht wurde. Das älteste erhaltene Bauwerk war ein Tempel von 1905, der Winterpalast des mongolische Herrschers Bogd Khan. Die Stadt wurde vor allem zur Zeit der Soviet Union von Russland errichtet, daher finden sich viele sozialistische Denkmäler in der Stadt und die frühere mongolische Schrift wurde durch kyrillisch ersetzt. Heutzutage scheint es viel Einfluss durch chinesische Investoren zu geben, die Häuser bauen, diese aber oft aufgrund von Korruption als Bauruinen stehen lassen.
Zur Reise:
Ganz pragmatisch würde ich empfehlen mit Miat zu reisen, da dies die einzige Fluggesellschaft ist, die aktuell über den russischen Luftraum fliegen darf und daher der Flug nur ca. neun Stunden und nicht 20 dauerte. Das einzige, was man bei der Fluggesellschaft bedenken sollte ist, dass es kein Entertainment mit englischen Untertiteln auf dem Flug gibt, also sollte man sich überlegen, was man während des Fluges macht, beziehungsweise Serien oder Musik vorher herunterladen ;)
Fazit:
Es war zwar eine anstrengende, aber sehr spannende Reise, während der ich extrem viel gelernt und erlebt habe. Ich war genau eine Woche vor Ort und ich würde sehr empfehlen, wenn möglich noch länger zu bleiben, um Zeit zu haben die Steppe zu sehen. Ich habe einen Einblick in die relativ junge Filmszene des Landes erhalten, lernte durch die familiäre Atmosphäre schnell viele Leute und Beteiligte des Festivals kennen und habe zwei der Leute, die ich in Ulan Bator kennenlernte direkt in Cannes wieder getroffen. Insgesamt ist das Publikum zwar eher national und es gibt keinen Filmmarkt oder Paneltalks parallel zum Programm, ich kann das Festival aber sehr empfehlen für die Erfahrung, die tolle Filmauswahl und die Menschen vor Ort.
https://www.mfi.mn/festival