CICDAF China International Animation and Digital Arts Festival 2010
26.-31.08.2010
Bericht von Falk Schuster (LAUFENDE GESCHÄFTE)
LAUFENDE GESCHÄFTE ist der Name meines Animationsfilms, mit dem ich in den vergangenen Monaten viel rumgekommen bin. Die spannendsten Eindrücke warteten jedoch noch auf mich, auf meiner Reise nach China.
Die Einladung zum International Animation and Digital Arts Festival CICDAF 2010 in Changzhou, 300 km westlich von Shanghai, erhielt ich Mitte Juli. Ich hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken, ob ich dieser Einladung folgen sollte, da nur 25 Tage später der Flug ging. Die Unterstützung der AG Kurzfilm und germanfilms machte mir diese Entscheidung leichter. Am 26.08.2010 ging es also von Frankfurt aus mit Air China direkt nach Shanghai Int. Airport.
Dort angekommen wurde mir sofort deutlich, was China bedeutete, nämlich Kontraste: links die Flugzeuge und die futuristische Abfertigungshalle, rechts auf den Feldern Reisbauern, Müllsammler und Wellblechhütten.
Am Flughafen wartete schon ungeduldig eine kleine Delegation von Festivalmachern und Teilnehmern. In mehreren Kleinbussen machten wir uns auf die zweistündige Reise. Die Zeit drängte. 16 Uhr war Abfahrt und schon 19 Uhr sollte die große Eröffnungsfeier starten. Dies merkte man auch an der tollkühnen Fahrweise des Chauffeurs. In China ist es übrigens ausreichend, seine Fahrerlaubnis in einem schriftlichen Test abzulegen. Wir rasten nach Changzou, neben uns verlief die Trasse der Magnetschwebebahn Transrapid, welcher bis zu 400 km/h fahren kann. Schon wieder ein beeindruckendes Bild, welches typisch für das aufstrebende China ist: dieser Schnellzug, wir daneben auf einer 6-spurigen Autobahn und im Hintergrund wachsende Wohnblocks für die Neuankömmlinge in der chinesischen Mittelschicht.
In Changzhou angekommen ging es schnell ins Hotel, um die Sachen abzulegen und wieder zurück in den Bus. Das eigentliche Festival mit Messe, Screenings und Kongress war zwar auf umliegende Hotels verteilt, doch die Eröffnung fand außerhalb in einer gigantischen Halle statt. Da saß ich nun, seit ca. 30 Stunden ohne Schlaf, zusammen mit Filmemachern aus Mexiko, Russland, Frankreich und Armenien in dieser Halle. Um uns herum ca. 3 000 Chinesen, auf der Bühne eine Unzahl an Menschen in Kostümen von anscheinend populären chinesischen Trickfilmhelden und irgendwo in diesem überladenen Bühnenbild eine Moderatorin. Diese führte durchs Programm. Man verstand natürlich nichts, doch der Kulturschock war beeindruckend, alles war fremd und interessant.
Die renommierte Jury wurde vorgestellt. Unter ihnen zum Beispiel: der Schweizer Filmemacher Georges Schwizgebel, die finnische Puppentrickanimatorin Katarina Lillqvist und der französische Animationsfilmproduzent Oliver Catherin. Dabei gingen die einzelnen Mitglieder der Jury nach vorn und machten etwas Verblüffendes: Sie vergaben schon bei der Eröffnungsfeier, also noch bevor die Filme überhaupt dem Publikum gezeigt wurden, die Preise in den einzelnen Kategorien. So wäre das in China immer, versicherte mir ein chinesischer Filmemacher. Nach der Preisverleihung knüpfte man mit einem Feuerwerk der Performance an.
Ca. 80 Tänzer, Schauspieler und Musiker führten für knapp 2 Stunden eine musicalähnliche Show auf, welche so gigantische Ausmaße annahm, dass man es nicht in Worte fassen konnte.
Wie sich später am Abend herausstellte, war die ganze Show ausschließlich für die im Saal anwesenden Parteifunktionäre, Kulturbeauftragten und Provinzregierungsmitglieder inszeniert wurden. Das war auch der Grund, warum man bei der Preisverleihung ein wenig schummelte: zwar wurden fleißig Preise überreicht, doch da die meisten Preisträger verhindert waren, schickte man andere westlich aussehende Personen auf die Bühne, die Preisträger spielten, the show must go on.
Nach der Eröffnungsveranstaltung war mein Jetlag zwar riesig groß, doch um Mitternacht machten wir 10 Filmmacher aus Europa und Südamerika uns zusammen mit der Jury auf zum Abendessen. Was für ein glücklicher Zufall, dass der Schweizer George Schwizgebel Jurymitglied war, denn er ist nicht nur einer der beeindruckendsten Animationsfilmer für mich, er kann auch fließend chinesisch. Wir bekamen deshalb genau das zu essen und trinken, was wir wollten. Dies war bei all den Verständigungsproblemen im Laufe der Tage sonst nicht immer der Fall.
Englischkenntnisse sind nicht einmal beim Hotelpersonal Voraussetzung. Somit kommt es oft zu Kommunikationshürden. Auch das Taxifahren zu den einzelnen Festivalorten war immer wieder ein Spaß. Es rät sich dabei in China immer den Namen der Straße und die Zieladresse auf einem Zettel in chinesischen Schriftzeichen mit sich zu führen. Ansonsten kommt man nicht weit, oder woanders an.
Changzhou ist eine Stadt mit ca. 1 Million Einwohnern, in China bekannt durch die Produktion von Kämmen. Außerdem hat die Stadt die größte Sammlung an Dinosaurierknochen im asiatischen Raum zu bieten. Da mein Festivalaufenthalt auf 3 Tage beschränkt war und das Festival selbst viel zu bieten hatte, war es mir leider nicht vergönnt, Kämme und Dinosaurierknochen zu besichtigen.
Warum dieses große Festival gerade in Changhzou abgehalten wurde ist mir bis heute unklar. Changzhou ist eine typische Stadt, welche vom Boom der chinesischen Wirtschaft getragen wird. Sie wächst und wächst, mit allem was dazu gehört: Baustellen überall, riesige Straßen aber auch katastrophale Luftverschmutzung. An den drei Festivaltagen waren laut Wetterbericht immer 35°C und Sonnenschein angesagt, doch durch die dichte Smogglocke, die über der Stadt hing und beißend nach Koks und Kohle roch, war die Sonne nie zu sehen. Es war immer dunstig mit einer Sicht, als ob Frühnebel herrschte.
Zurück zum Festival. Das China International Animation and Digital Arts Festival CICDAF ist das größte Festival dieser Art in China und besteht aus mehreren Teilen: den Screenings der Festivalbeträge, einem Kongress mit Fachrednern und einer Messe für chinesische Animationsfilmproduktionen. Es gibt Pitchings und Premieren heimischer Produktionen und ich muss gestehen, dass ich nicht mit einer solchen Professionalität und Größe des Festivals gerechnet hätte.
Wie schon erwähnt, die Jury war von hoher Qualität, die Gewinnerfilme überzeugten mich gleichfalls. Insgesamt konnte die Auswahl der gezeigten Filme mit dem Niveau großer europäischer Festivals, wie beispielsweise Annecy, Stuttgart und Zagreb mithalten, wenn gleich natürlich auch ein großer Teil der Filme auf das chinesische Publikum zugeschnitten war. Aber auch in diesem Zusammenhang hätte nicht damit gerechnet, dass das Festival so weltoffen und ohne offensichtliche Zensur daher kommt. Das hat mich überrascht. Viele Filme in den Screenings hatten kritische und frei denkende Themen und Momente.
Der Kongress mit Vorträgen und Workshops wurde sowohl von den Jurymitgliedern aber auch von eingeladenen Gastrednern abgehalten und unterstützt. Falls ein Filmemacher wieder einmal in den Genuss kommen sollte, zu diesem Festival eingeladen zu werden, dann kann ich nur empfehlen, diese Workshops wahrzunehmen. Es gibt keine bessere Gelegenheit, um mit den Fachleuten der Jury, anderen Filmemachern und chinesischem Fachpublikum in Kontakt zu kommen, so weit sie Englisch sprechen und auch um den asiatischen Filmmarkt und die Filmkultur näher kennen zu lernen.
Diese Gelegenheit nutzte ich um etwas Werbung in eigener Sache und für den deutschen Kurzfilm insgesamt zu machen. Ich verteilte die New German Animation 2010 DVDs, meine Filme und weiteres Infomaterial über den deutsche Kurzfilm an Jury, Festivalmacher und Besucher und es kam in diesem Zusammenhang zu interessanten Gesprächen über die unterschiedlichen Förderungsstrukturen, Hochschulformen und Filmfestivals in den unterschiedlichsten Ländern. Letztendlich war diese Festivalreise nach China eine sehr schöne Erfahrung, die ich nur weiter empfehlen kann.
www.cicdaf.com
LAUFENDE GESCHÄFTE ist der Name meines Animationsfilms, mit dem ich in den vergangenen Monaten viel rumgekommen bin. Die spannendsten Eindrücke warteten jedoch noch auf mich, auf meiner Reise nach China.
Die Einladung zum International Animation and Digital Arts Festival CICDAF 2010 in Changzhou, 300 km westlich von Shanghai, erhielt ich Mitte Juli. Ich hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken, ob ich dieser Einladung folgen sollte, da nur 25 Tage später der Flug ging. Die Unterstützung der AG Kurzfilm und germanfilms machte mir diese Entscheidung leichter. Am 26.08.2010 ging es also von Frankfurt aus mit Air China direkt nach Shanghai Int. Airport.
Dort angekommen wurde mir sofort deutlich, was China bedeutete, nämlich Kontraste: links die Flugzeuge und die futuristische Abfertigungshalle, rechts auf den Feldern Reisbauern, Müllsammler und Wellblechhütten.
Am Flughafen wartete schon ungeduldig eine kleine Delegation von Festivalmachern und Teilnehmern. In mehreren Kleinbussen machten wir uns auf die zweistündige Reise. Die Zeit drängte. 16 Uhr war Abfahrt und schon 19 Uhr sollte die große Eröffnungsfeier starten. Dies merkte man auch an der tollkühnen Fahrweise des Chauffeurs. In China ist es übrigens ausreichend, seine Fahrerlaubnis in einem schriftlichen Test abzulegen. Wir rasten nach Changzou, neben uns verlief die Trasse der Magnetschwebebahn Transrapid, welcher bis zu 400 km/h fahren kann. Schon wieder ein beeindruckendes Bild, welches typisch für das aufstrebende China ist: dieser Schnellzug, wir daneben auf einer 6-spurigen Autobahn und im Hintergrund wachsende Wohnblocks für die Neuankömmlinge in der chinesischen Mittelschicht.
In Changzhou angekommen ging es schnell ins Hotel, um die Sachen abzulegen und wieder zurück in den Bus. Das eigentliche Festival mit Messe, Screenings und Kongress war zwar auf umliegende Hotels verteilt, doch die Eröffnung fand außerhalb in einer gigantischen Halle statt. Da saß ich nun, seit ca. 30 Stunden ohne Schlaf, zusammen mit Filmemachern aus Mexiko, Russland, Frankreich und Armenien in dieser Halle. Um uns herum ca. 3 000 Chinesen, auf der Bühne eine Unzahl an Menschen in Kostümen von anscheinend populären chinesischen Trickfilmhelden und irgendwo in diesem überladenen Bühnenbild eine Moderatorin. Diese führte durchs Programm. Man verstand natürlich nichts, doch der Kulturschock war beeindruckend, alles war fremd und interessant.
Die renommierte Jury wurde vorgestellt. Unter ihnen zum Beispiel: der Schweizer Filmemacher Georges Schwizgebel, die finnische Puppentrickanimatorin Katarina Lillqvist und der französische Animationsfilmproduzent Oliver Catherin. Dabei gingen die einzelnen Mitglieder der Jury nach vorn und machten etwas Verblüffendes: Sie vergaben schon bei der Eröffnungsfeier, also noch bevor die Filme überhaupt dem Publikum gezeigt wurden, die Preise in den einzelnen Kategorien. So wäre das in China immer, versicherte mir ein chinesischer Filmemacher. Nach der Preisverleihung knüpfte man mit einem Feuerwerk der Performance an.
Ca. 80 Tänzer, Schauspieler und Musiker führten für knapp 2 Stunden eine musicalähnliche Show auf, welche so gigantische Ausmaße annahm, dass man es nicht in Worte fassen konnte.
Wie sich später am Abend herausstellte, war die ganze Show ausschließlich für die im Saal anwesenden Parteifunktionäre, Kulturbeauftragten und Provinzregierungsmitglieder inszeniert wurden. Das war auch der Grund, warum man bei der Preisverleihung ein wenig schummelte: zwar wurden fleißig Preise überreicht, doch da die meisten Preisträger verhindert waren, schickte man andere westlich aussehende Personen auf die Bühne, die Preisträger spielten, the show must go on.
Nach der Eröffnungsveranstaltung war mein Jetlag zwar riesig groß, doch um Mitternacht machten wir 10 Filmmacher aus Europa und Südamerika uns zusammen mit der Jury auf zum Abendessen. Was für ein glücklicher Zufall, dass der Schweizer George Schwizgebel Jurymitglied war, denn er ist nicht nur einer der beeindruckendsten Animationsfilmer für mich, er kann auch fließend chinesisch. Wir bekamen deshalb genau das zu essen und trinken, was wir wollten. Dies war bei all den Verständigungsproblemen im Laufe der Tage sonst nicht immer der Fall.
Englischkenntnisse sind nicht einmal beim Hotelpersonal Voraussetzung. Somit kommt es oft zu Kommunikationshürden. Auch das Taxifahren zu den einzelnen Festivalorten war immer wieder ein Spaß. Es rät sich dabei in China immer den Namen der Straße und die Zieladresse auf einem Zettel in chinesischen Schriftzeichen mit sich zu führen. Ansonsten kommt man nicht weit, oder woanders an.
Changzhou ist eine Stadt mit ca. 1 Million Einwohnern, in China bekannt durch die Produktion von Kämmen. Außerdem hat die Stadt die größte Sammlung an Dinosaurierknochen im asiatischen Raum zu bieten. Da mein Festivalaufenthalt auf 3 Tage beschränkt war und das Festival selbst viel zu bieten hatte, war es mir leider nicht vergönnt, Kämme und Dinosaurierknochen zu besichtigen.
Warum dieses große Festival gerade in Changhzou abgehalten wurde ist mir bis heute unklar. Changzhou ist eine typische Stadt, welche vom Boom der chinesischen Wirtschaft getragen wird. Sie wächst und wächst, mit allem was dazu gehört: Baustellen überall, riesige Straßen aber auch katastrophale Luftverschmutzung. An den drei Festivaltagen waren laut Wetterbericht immer 35°C und Sonnenschein angesagt, doch durch die dichte Smogglocke, die über der Stadt hing und beißend nach Koks und Kohle roch, war die Sonne nie zu sehen. Es war immer dunstig mit einer Sicht, als ob Frühnebel herrschte.
Zurück zum Festival. Das China International Animation and Digital Arts Festival CICDAF ist das größte Festival dieser Art in China und besteht aus mehreren Teilen: den Screenings der Festivalbeträge, einem Kongress mit Fachrednern und einer Messe für chinesische Animationsfilmproduktionen. Es gibt Pitchings und Premieren heimischer Produktionen und ich muss gestehen, dass ich nicht mit einer solchen Professionalität und Größe des Festivals gerechnet hätte.
Wie schon erwähnt, die Jury war von hoher Qualität, die Gewinnerfilme überzeugten mich gleichfalls. Insgesamt konnte die Auswahl der gezeigten Filme mit dem Niveau großer europäischer Festivals, wie beispielsweise Annecy, Stuttgart und Zagreb mithalten, wenn gleich natürlich auch ein großer Teil der Filme auf das chinesische Publikum zugeschnitten war. Aber auch in diesem Zusammenhang hätte nicht damit gerechnet, dass das Festival so weltoffen und ohne offensichtliche Zensur daher kommt. Das hat mich überrascht. Viele Filme in den Screenings hatten kritische und frei denkende Themen und Momente.
Der Kongress mit Vorträgen und Workshops wurde sowohl von den Jurymitgliedern aber auch von eingeladenen Gastrednern abgehalten und unterstützt. Falls ein Filmemacher wieder einmal in den Genuss kommen sollte, zu diesem Festival eingeladen zu werden, dann kann ich nur empfehlen, diese Workshops wahrzunehmen. Es gibt keine bessere Gelegenheit, um mit den Fachleuten der Jury, anderen Filmemachern und chinesischem Fachpublikum in Kontakt zu kommen, so weit sie Englisch sprechen und auch um den asiatischen Filmmarkt und die Filmkultur näher kennen zu lernen.
Diese Gelegenheit nutzte ich um etwas Werbung in eigener Sache und für den deutschen Kurzfilm insgesamt zu machen. Ich verteilte die New German Animation 2010 DVDs, meine Filme und weiteres Infomaterial über den deutsche Kurzfilm an Jury, Festivalmacher und Besucher und es kam in diesem Zusammenhang zu interessanten Gesprächen über die unterschiedlichen Förderungsstrukturen, Hochschulformen und Filmfestivals in den unterschiedlichsten Ländern. Letztendlich war diese Festivalreise nach China eine sehr schöne Erfahrung, die ich nur weiter empfehlen kann.
www.cicdaf.com