San Diego Film Festival 2015
Reisebericht von Manuel Inacker (COCOON)
Unser Kurzfilm "Cocoon" wurde zum 14. San Diego Film Festival eingeladen, das vom 30. September bis zum 04. Oktober 2015 stattfand und dessen Programm über 100 Lang- und Kurzfilme beinhaltete. Da es sich um meine erste Filmfestival-Einladung handelt, bleibt es mir verwehrt, jegliche Vergleiche zu anderen Festivals und deren Umgang mit FilmemacherInnen anzustellen.
Das Programm des San Diego Filmfestivals erstreckt sich inhaltlich vom politisch engagierten Dokumentarfilm bis hin zum animierten Kurzfilm. Innerhalb der amerikanischen Festivallandschaft ist das Festival im Vergleich zu anderen Westcoast-Größen wie dem Seattle oder San Francisco Film Festival noch relativ jung. In den letzten Jahren hat es jedoch deutlich an Relevanz mit über 1600 Filmeinreichungen und mehreren Premieren gewonnen, was laut branchenaffinen "Locals" größtenteils einem Managementwechsel vor 4 Jahren zu verdanken sei. Schaut man sich die Slogans ("See a film, catch a star!") und die generelle Aufmachung des Festivals genauer an, scheint man sich ein wenig Star- und Glamourcharakter vom unmittelbaren Nachbarn und großen Bruder Hollywood abschneiden zu wollen; so gab es einige Veranstaltungen, die international bekannte Schauspielgrößen mit Preisen auszeichneten.
Grundsätzlich aber blieb das Festival hinter der glitzernden Oberfläche seinem Independent-Anspruch treu; das Programm bot insbesondere aus einer europäischen Perspektive einen guten Einblick in die bisweilen vielschichtige Arthouse-Filmlandschaft der USA und konnte eine nennenswerte Anzahl ausländischer A-Festival-Filme als nationale oder Westküsten-Premieren aufweisen. Die sieben Kurzfilm-Kategorien hatten meiner Meinung nach eine sehr starke Auswahl anzubieten und die thematischen Blöcke erwiesen sich als geschickt und passend kuratiert.
Dennoch kam es öfters zu organisatorischen Engpässen und folglich technischen Problemen bei einigen Film-Screenings, so wurden u.a. statt hochwertiger DCP-Versionen lediglich Bluray-DVDs abgespielt. Ebenso stellte sich das Online-Reservierungsverfahren der Tickets selbst für VIP-Festivalpass-BesitzerInnen als äußerst kompliziert und langwierig heraus. Bei dem ersten Screening unseres Films war beispielsweise die Lautstärke zu leise eingestellt und es gab Probleme mit der Framerate bzw. Bildqualität. Diese an manchen Stellen mangelnde Professionalität trübt jedoch nicht den Gesamteindruck: Das Festival-Team hat stets sein Bestes gegeben. Die über 500 freiwilligen HelferInnen trugen wesentlich zur positiven Grundstimmung des fünftägigen Festivals bei. Aufgrund der etwas unglücklich platzierten Screenings am frühen Nachmittag bei einer Außentemperatur von mindestens 30 Grad waren die meisten Kurzfilm-Programme leider nicht sonderlich gut besucht; das cinephile Publikum schien jedoch sehr interessiert während der Q&A-Runden und stellte durchweg anregende Fragen.
Am positivsten jedoch fiel die Tatsache auf, dass man sich mit vielen FilmemacherInnen austauschen konnte. So kam ich nicht nur mit RegisseurInnen aus meiner Kurzfilm-Selektion aufgrund der im Anschluss stattfindenden Q&A's schnell in Kontakt, auch zahlreiche Partys, Diskussions-Panels (u.a. ein Social Justice Panel) und ein Filmmaker's Brunch boten Anlass zu einem regen Austausch mit meist US-amerikanischen BranchenvertreterInnen. Die geographische Nähe San Diegos zum Branchen-Primus Los Angeles zahlt sich hier ganz klar aus und schafft die Grundlage für viele Gespräche.
Abschließend lässt sich sagen, dass das San Diego Film Festival eine Empfehlung wert ist und vor allem durch das Engagement seiner zahlreichen freiwilligen HelferInnen sehr sympathisch wirkt. Darüber hinaus bieten sich neben einem breit aufgestellten Filmprogramm zahlreiche Möglichkeiten, sich vor allem mit nordamerikanischen FilmemacherInnen auszutauschen.