SXSW South By Southwest 2014
Bericht von Holger Frick (HAPPY B-DAY)
South By South West - der Zungenbrecher wird deshalb vor Ort auch gern liebevoll einfach nur SouthBy genannt - ist definitiv ein Festival, das man mal erlebt haben muss!
Eines der größten Musikfestivals der Welt (seit 1987) trifft das (laut Wikipedia) viertgrößte Independent Filmfestival der Welt (seit 1992) trifft (seit knapp 6 Jahren nun dazu auch noch) eine der größten Interactive Media Konferenzen der Welt - das bedeutet vor Allem eins: Sehr viele Menschen!
Auch wenn der Musik-Teil erst nach dem Interactive-Teil anfängt herrscht über den gesamten Zeitraum schon eine sehr große Vermischung der Besuchergruppen, was die Stimmung in der ganzen Stadt durchgehend am rauschen hält.
Von Dropbox bis Spotify gibt es unzählige „Partyveranstalter“, die 6th Street und angrenzende Querstraßen sind über 14 Tage komplett abgesperrt und sind schon ab mittags mit Festivalbesuchern und Einheimischen gefüllt, die sich von der ständigen Musik aus den links und rechts angrenzenden Bars und Restaurants berieseln lassen und (meistens) die Sonne genießen.
Sobald die Musiker in die Stadt einziehen wird aus „ab Mittags“ dann 24 Stunden und aus den Bars, Restaurants, Parkplätzen und Innenhöfen eine Unzahl an Bühnen auf denen vor Allem abends die gesamte Bandbreite der Musik aus allen Genres der ganzen Welt gespielt wird. Man stelle sich Rock am Ring über die Münchner Innenstadt verteilt vor…
iTunes hat dieses Jahr sogar ein eigenes SXSW iTunes Festival mit Keith Urban, Soundgarden und Coldplay als Headliner veranstaltet. Samsung hat Jay-Z und Kanye West gebucht (Eintritt for free über eine Auslosung) und Lady Gaga (Tickets hierfür gab es teilweise über Flashmob Aktionen) war bei den knapp 2000 anderen Künstlern auch dabei, natürlich Open Air mit einer Schlange durch die halbe Innenstadt.
Die Interactive Conference ist für Filmschaffende mindestens genauso interessant, wie das Filmfest, da es hier u.a. auch um Vermarktungsmethoden und neue Wege für Videoinhalte im Internet und über Smartphones geht. Highlights waren sicherlich Grumpy Cat, sie crashte einen Vortrag über Catvideos, die Skype Live Interviews mit Edward Snowden und Julian Assange aber auch Eric Schmidt (CEO Google) gab sich die Ehre und hat einen Vortag gehalten und selbst Jürgen Klinsmann war da um über die Vermarktung und die Zukunft des Fußball in den USA zu erzählen.
Bevor es zu dem eigentlich wichtigen Thema Filmfestival geht, sei noch kurz die viertägige Trade Show erwähnt, auf der sich über 20 Länder mit ihren Film, Musik und Internet Startups präsentieren, alles zum Thema Smartphone Zubehör (Akkupacks, Aufsteckobjektive etc.) zu begutachten oder auch zu kaufen ist, die NASA (nicht NSA) einen eigenen Stand hat, die Japaner modernste Roboter Anzüge präsentieren und natürlich auch im Bereich Technik mit Blackmagic, Adobe und Digital Bolex einiges für das Filmemacher Herz geboten ist.
All das findet im riesigen, aber gut überschaubaren und durchorganisierten, Austin Convention Center statt. Dazu ist aber die gesamte Innenstadt mit ihren Locations (Kinos, Hotels, Bars…) mit einbezogen und da Austin recht klein und überschaubar ist, kann man hier relativ easy alles zu Fuß machen. Das Badge-System (Blau = Film, Rot = Interactive, Grün = Musik, Gelb = Film+Interactive / Gold und Platinum dann für alles zusammen), das jeder um den Hals trägt funktioniert sehr gut und wirklich jeder, egal ob Presse, Aussteller, Filmemacher oder normaler Festivalbesucher muss sich gleichermaßen (teilweise sehr früh) in eine Schlange zu dem Vortag, Screening oder der Keynote anstellen um einen Platz zu bekommen.
In einigen Lounges oder den unzähligen Promoständen kann man sich auch relativ gut mit kostenfreien Getränken und Snacks versorgen…
Nun aber zum eigentlich für mich wichtigsten Thema: SXSW Film!
Es ist natürlich eine riesige Ehre alleine schon bei den (aus über 4500 Einreichungen) 113 Kurzfilmen dabei zu sein - und dann noch im natürlich coolsten Programm: den Midnight Shorts. Zusammen mit den anderen 11 Regisseuren (ich war der einzige Deutsche) und teilweise auch dazugehörigen Produzenten und Schauspielern hatten wir den abgefahrendsten und unterhaltsamsten Kurzfilmblock des Festivals. Das Publikum bei den insgesamt 4 Screenings (3 davon konnte ich beiwohnen) hat toll auf die einzelnen Filme reagiert und sich auch bei den anschließenden Q&As noch gut eingebracht.
Es hat sich zudem eine kleine Gruppendynamik unter den gleichgesinnten Midnight Shorts Filmemachern entwickelt und ich konnte hier mit Sicherheit ein paar tolle, langjährige Freundschaften knüpfen.
Das Highlight gab es jedoch gleich am ersten Tag des Festivals: Das Filmmakers Lunch in den Troublemaker Studios von und mit Robert Rodriguez. Ca. 100 Regisseure wurden per Bus zu dem Studio Komplex gefahren, wo die meisten von Rodriguez’s Filmen entstanden sind (u.a. Sin City 1+2, Spy Kids 1-4, Planet Terror etc.). Dort gab es in dem Studio, wo gerade „From Dusk Till Dawn - Die Serie“ gedreht wird, nach einer kurzen Ansprache der Festivalleitung und der beiden in Austin ansässigen Regisseure Richard Linklater und natürlich RR himself, das wahrheitsgemäß beste BBQ der Welt (normalerweise steht man wohl über 2Std. an in dem Restaurant) und eine Menge Bier.
Die beiden Ansprachen der Regisseure waren erwartungsgemäß sehr motivierend und man hatte sogar das Gefühl ein paar wichtige Insider Tipps mit auf den Weg zu bekommen. RR hat zudem seine 5 Kinder einzeln vorgestellt und zu jedem eine kleine Story parat gehabt, wie sie ihn teilweise zu seinen Filmen inspiriert haben oder sogar mitgeholfen haben.
Danach waren beide Regisseure noch bis zum Schluss dabei und auch zu kurzen Gesprächen bereit und sehr freundlich und offen.
Auch die anderen Regisseure der Festival Filme und die Festival Programmleitung, allen voran die Kurzfilm Verantwortliche und für die Kurzfilme wichtigste Ansprechperson Claudette Godfrey, konnte man bei der Gelegenheit schonmal etwas näher kennenlernen.
Am nächsten Tag ging dann das Festival so richtig los und hier sei gesagt: Man schafft es einfach nicht, selbst die Sachen anzuschauen, die man sich mühevoll in dem Timing der SXsocial App auf seinem Smartphone herausgesucht hat. Es ist unmöglich. Es sind immer mindestens 5 Dinge parallel, die man gerne sehen würde, ob Film, Vortrag, Keynote, Ausstellung oder Event - Interactive und Film. Im Endeffekt lässt man sich einfach treiben und lernt dabei auch noch eine Menge Leute kennen, die einem dann teilweise wieder etwas neues zeigen, wa sman vorher noch gar nicht mitbekommen hatte.
Sehr interessant fand ich das Thema „Werbung für seinen Film machen“. Man wird von Anfang an - schon bei den knapp 50 Mails vom SXSW Team bevor man überhaupt ankommt - darauf hingewiesen, dass man hier sehr viel Arbeit selbst leisten kann. Von einer Presse Kontaktliste über Poster Locations und den Aufruf Flyer zu drucken ist man selbst gefordert, seinen Film aus der Menge (es gibt ja noch 113 Langfilme, die natürlich um eineiiges mehr an Aufmerksamkeit bekommen) herausstechen zu lassen. Hier würde ich evtl. als Tipp mitgeben, sich vorab schon mit den anderen Filmemachern aus seinem Programm zusammenzuschließen um evtl. gemeinsam Promo für den ganzen Block zu machen. Bei Kurzfilmen hat man meist den Vorteil, dass die Leute nicht wegen einem bestimmten Film ins Kino gehen.
Die Vier Kinos sind sehr unterschiedliche Locations über die ganze Stadt verteilt. Von dem großen Saal im Conference Center über ein altes sehr kultiges Programmkino, in dem man während den Filmen Essen und Trinken bestellen kann, bis zu einem 10km entfernten sog. SXsatellite Kino, zu dem aber auch noch einige Leute aus der Wohngegend kommen.
Meine weiteren Highlights waren sicherlich die Serienpremieren von Penny Dreadful, From Dusk Till Dawn und Silicon Valley, wo jeweils viele der Cast & Crew anwesend waren und sehr spannende und unterhaltsame Q&As geführt wurden. Aber auch die Keynote von Lena Dunham war sehr beeindruckend. Die Musikdokumentation Pulp inkl. der sehr nette Macher und einem Teil der Band (Jarvis war auch da) und v.a. natürlich Wes Andersons Grand Budapest Hotel, der im alten Paramount Kino (ein Theater aus den 30er Jahren mit 1200 Sitzplätzen) gezeigt wurde und danach Richard Linklater das Q&A mit Wes Anderson und Jason Schwarzmann geführt hat. Dafür haben sich dann auch die knapp 3 Std. anstellen gelohnt. Für mich als Genre Filmemacher auch sehr interessant war die Panel Diskussion „Directing the Dead Part III“, wo die Regisseure der Midnight Features (aus verschiedenen Ländern) über die Schwierigkeiten und Chancen des Horrorfilms gesprochen haben. Mit dabei u.a. Julien Maury, Adam Wingard und Daniel Stamm.
Die Screenings von „Happy B-Day“, waren allesamt gut besucht und das Feedback der Zuschauer durchweg sehr positiv!
Fazit: Man muss wieder hin. Auch ohne Film im Gepäck. Das gesamte Festival ist ein wahnsinnig motivierender und kreativer Einfluss. Nur nicht zu viel Vornehmen, sondern einfach erleben, erfahren und mittreiben lassen! Eine der besten Erfahrungen!
www.sxsw.com