Hong Kong International Deaf Film Fest 2016
Einmaliges „The Sixth Hong Kong International Deaf Film Fest“
… und ein sehr gut organisiertes Team empfing uns, Ute Sybille Schmitz und Nina Dentamaro, am ersten Tag des Festes.
Ziemlich erschlagen - durch die fast 20 stündige Anreise - und doch sehr aufgeregt in Anbetracht all dieser neuen Erlebnisse, die auf uns warteten, wurden wir beide herzlich am Flughafen empfangen und mussten gleich einen kleinen Filmbeitrag mit dem tauben chinesischen Guide Davidikea Volley aufnehmen, damit die anderen Gehörlosen von unserer Ankunft erfuhren.
Unter dem Motto: Jeder Mensch hat das Recht und die Fähigkeit, sich auszudrücken und seine "Stimme" zu nutzen, um Ressourcen und Diskriminierung auf der Welt im Medium Film zu zeigen, wurde das Filmfest am 11.3. pünktlich um 19 Uhr vom Vorsitzenden des Gehörlosenvereines Hong Kong, Lau Lai Fong, eröffnet.
Das Filmfest ging über drei Tage (11. – 13.3.) und beinhaltete 34 Filme aus der ganzen Welt, u.a. Kanada, Taiwan, Deutschland, Südkorea, England, Indien, die sich alle um das Thema Taubsein drehten.
Im dem sehr gut ausgearbeiteten Programmheft fand man sechs verschiedene Filmbereiche/Programme:
1. Das Leben in der Welt der Klänge
2. Kunst und Kreativität
3. Gesellschaft und ich
4. Taubheit als Problem
5. Taub und Brüderlichkeit
6. Selbstdarstellung des Lebens
Im zweiten Programmteil liefen die 3 deutschen Filme LORELEI, DAS KARUSSELL und MAX UND MORITZ, die positiven Anklang fanden. Besonders der Film MAX UND MORITZ gefiel den Zuschauern aus HongKong und Shanghai, da ihnen die Geschichten um Max und Moritz bekannt sind. Erstaunlicherweise.
Im gesamten waren die Filme eine Mischung aus professionellen und auch eher amateurhaften Beiträgen, was sicherlich an den Kosten einer Filmherstellung liegt. Schade war, dass sich in manchen Programmen die Filme wiederholten, sodass man genau auswählen musste, wann man zum „Hong Kong Art Centre“ (hier fand das Festival statt) ging, um nicht einen Film doppelt zu sehen.
So lief zum Beispiel der Film BON APPETIT im Programm 1 und 6, den man aber nicht unbedingt zweimal sehen musste. Eine französische Frau, deren essender und kauender Mund, über 5 Minuten gezeigt wurde, während sie sprach. Die Regisseurin wollte damit zeigen, wie es ist, wenn man isst und spricht zugleich. Sicherlich als Kunstwerk zu sehen, aber nicht appetitlich. Die Frage ist auch, was hat das mit Gehörlosigkeit zu tun? Eine provokante Darstellung der Regisseurin?
Dagegen waren die fast dokumentarischen Filme SUN, SU CHING (Taiwan) und HERE & THERE (Holland) wunderbar erzählt, die die Lebenssituationen von gehörlosen Menschen im Alltag aufzeigten.
Verantwortlicher für das Festival war Mok Augustine, ein Engländer, der in Hong Kong lebt und arbeitet und den Bereich „Gehörlosigkeit“ dort unterstützt.
Es war unglaublich, wie leicht doch die Verständigung zwischen all den Ländern mit ihren unterschiedlichen Sprachen war. Die Gehörlosen bedienten sich der International Sign Language (ISL), die Hörenden sprachen in Englisch miteinander. Jeder „half“ jedem und so wurde es eine bunte Mischung der Kommunikation zwischen Tauben und Hörenden all der anwesenden Nationen.
Bewundernswert war es, wie fließend die taube Nina Dentamaro, in International Sign Language mit den Filmemachern, Organisatoren und Gästen sprach. Sie war auch zeitweise die „Dolmetscherin“ für mich. In der „Fragestunde“ bekam ich die Fragen in Englisch gestellt, ich antwortete in Deutscher Gebärdensprache und Dentamaro übersetzte in ISL. Was dann wiederum von Dolmetschern ins kantonesische Wort und Sign übersetzte wurde und zusätzlich auch noch in Mandarin, für die Besucher aus Shanghai.
Die wenigen „freien“ Stunden außerhalb des Festes wurden dazu genutzt, die Stadt zu besichtigen und hier und da die Köstlichkeiten vor Ort zu erproben.
So fanden wir per Zufall ein vegetarisches Restaurant (http://happyveggies99.blogspot.de/), in denen 90 % der Angestellten taub sind. Es war eine riesige Freude, solch ein Restaurantbesuch zu erleben. Die hörenden Angestellten, die wahrlich in der Minderheit waren, trugen gelbe T-Shirts, die tauben hatten grüne Shirts an. Auf jedem Tisch lagen Stifte und Zettel, aber für die Besucher aus Deutschland war das nicht nötig. Zumal die Speisekarte durch Fotos dokumentierte, was es alles gab und damit es ein Leichtes war, Essen zu bestellen.
Am letzten Abend wurden wir von den Organisatoren in ein typisch chinesisches Restaurant eingeladen, zum traditionellen Abschlussessen: Hotpot, auch bekannt als chinesisches Fondue. Der Abend endete traurig und alle hofften, sich beim nächsten Fest wieder zu sehen. Freundschaften wurden geschlossen und Kontakte ausgetauscht. Im Übrigen, eine sehr auffällige Eigenart beim Filmfest - Handschütteln und die gleichzeitige Übergabe der Visitenkarte, war Standard. So kam ich mit 50 Visitenkarten im Gepäck wieder in Deutschland an.
Alles in allem, fehlte es bei diesem ganz besonderen Festival an nichts. Eine Bereicherung der Gehörlosenkultur und man kann nur jedem raten, der einmal die Möglichkeit dazu hat, dieses Gehörlosenfilmfest zu besuchen.
An dieser Stelle soll ein ganz herzliches „Danke“ an das Goethe Institut Hong Kong und German Films in München für die Unterstützung genannt werden. Ohne deren Beteiligung hätten wir niemals dieses wunderbare Fest erleben können und ebenso nicht die Filme persönlich, als Regisseurin und Schauspielerin, in diesem fernen Land vertreten können.
Weitere Infos zum Filmfest: