Saguenay ist eine Kleinstadt im Herzen von Quebec, dem französisch sprechenden Teil Kanadas. Umso überraschender war es für mich, dass hier 2 Autostunden von Quebec City das international bekannte Kurzfilmfestival Regard sur le Court Métrage abgehalten wird. Das Festival das sich als eins der „Tochterfestivals von Clermont-Ferrand“ versteht, fand dieses Jahr zum zwanzigsten Mal statt und das Jubiläum wurde ausgiebig gefeiert.
Ich flog mit dem Airbus von Frankfurt nach Montreal, wo ich dann in eine kleine Propellermaschine umstieg um nach Quebec City zu gelangen. Dort hatte ich das Glück das mich ein kanadischer Freund und Filmemacher abholte und mit mir gemeinsam nach Saguenay fuhr. In Saguenay angekommen, wurde wir sehr herzlich von dem Festival Team empfangen und ich bekam, wie alle anderen internationalen Filmemacher, ein Zimmer im heißbegehrten Hotel Chicoutimi, dem Zentrum des Filmfestivals. Der besondere Vorteil davon war, dass die Veranstaltungen und Parties alle im Hotel abgehalten wurden und man nach den ausgiebigen Parties des Festivals nur mit dem Aufzug nach in sein Stockwerk fahren musste, anstatt den mitunter auch unangenehmen Heimweg anzutreten. Es war zur Zeit des Festivals nämlich sehr kalt und überall war meterhoher Schnee, was selbst kurze Fußwege erschwerte. Das war aber kein Problem, denn das Festival hatte einen extrem konsequenten Shuttle-Service, mit dem man zu den verschiedenen Veranstaltungsorten fahren konnte. Das war auch notwendig, denn manche Screenings waren bis zu 30 Minuten (!) mit dem Shuttle vom Festivalzentrum entfernt. Dies musste man einplanen, um auch pünktlich zu den Veranstaltungen zu erscheinen. Besonders zu betonen sind die verschiedenen Essengutscheine, die man für die Zeit des Festivals bekommt und mit denen ich die meisten meiner Mahlzeiten bezahlen konnte. Das war eine große finanzielle Erleichterung und eine tolle Geste des Festivals!
Die Filmauswahl war sowohl international, als auch mit einem Schwerpunkt auf Filmemacher aus Quebec, die sie in den verschiedenen Programmen miteinander durchgemischt hatten. Das war eine angenehme Kombination, weil man doch sonst meist nur den internationalen Wettbewerb verfolgt als eingeladener Filmemacher. So konnte man neben oscar-nominierten Kurzfilme auch lokale Filme im gleichen Programm ansehen. Neben dem Filmprogramm wurden auch verschiedene Workshops und Master Classes angeboten, die ich zum größten Teil nicht besuchen konnte, da ich kein Wort französisch sprach. Dies ist auch eine große Hürde in meiner Zeit in Saguenay gewesen, da doch viele Filmemacher dieses Festival als lokalen Treffpunkt ihrer französisch sprechenden Filmszene wahrnehmen und man so manchmal ohne französisch nicht wirklich weiterkommt. Ich hatte das Glück durch meinen guten Freund viele der Filmemacher kennenzulernen, aber habe auch erlebt, dass die anderen elf internationalen Filmemacher leider wie so oft nur unter sich blieben. Auch wenn das Festivalteam versucht dem entgegenzuwirken, bleibt man doch etwas separiert.
Durch die überschaubare Größe der Festivals konnte man aber enge Kontakte mit Programmieren von Festivals knüpfen und ganz sympathischen Einblick in die Arbeit eines Festivals bekommen. In diesem Jahr waren Verantwortliche vom Short Shorts, den Vienna Independent Shorts und vom Zubroffka Festival dort, mit denen ich alle sehr anregende Gespräche führen durfte.
FAZIT
Ich kann mich in Teilen dem Fazit meines Vorgängers Alexander Heringer anschließen. Das Regard Film Festival büßt gewisse Teile seiner Internationalität durch die geringe Anzahl an internationalen Gästen und den Schwerpunkt auf die lokale Szene ein. Da sich diese lokale Szene untereinander schon sehr ausgiebig kennt, ist es manchmal schwer in der Kürze der Zeit viele von den Filmemachern kennenzulernen, doch mit etwas Engagement kann jeder hier spannende Begegnungen erleben. Meiner Meinung nach ist das Festival viel vernetzter, als man es aufgrund seiner Lage annehmen mag und bietet Möglichkeiten für ganz eigene Erfahrungen. Ich werde eines Tages wiederkommen und denke, dass Saguenay allein wegen der Poutine (dem kanadischen Nationalgericht!!) eine Reise wert ist.
http://festivalregard.com/festival/