Annecy International Animation Film Festival 2015
Reisebericht von Rainer Kohlberger (MOON BLINK)
Nach einem intensiven Reisejahr ist mir Annecy im Vergleich zu anderen Festivals vor allem aufgrund seiner immensen Größe und den vielen internationalen Empfängen in Erinnerung. Mit meinem Film habe ich mich als Alien gefühlt, da die Auswahl des Festivals sehr konventionell und massentauglich erscheint. Es laufen viele junge BesucherInnen herum, die verkleidet sind und bunt gefärbte Haare haben. Die Standardfrage beim Kennenlernen lautet ›Are you an Animator?‹, was mich anfangs recht verwirrte, weil ich bisher nicht auf die Idee kam, meine Arbeit im klassischen Sinne als Animation zu verstehen. Irgendwann habe ich dann allerdings meist mit ›ja‹ geantwortet um alles zu vereinfachen.
Als Filmemacher wird man für sechs Tage eingeladen, was schon sehr außergewöhnlich ist. Allerdings sind die Hotels in Annecy schrecklich. Man bekommt außerdem einen Pass, mit dem es auch möglich ist, die Branchenmesse zu besuchen, was als unabhängiger Experimentalfilmemacher nochmal Tore in eine völlig fremde Welt öffnet, in der dann vor allem die kleinen Buffets spannend sind. Das Publikum ist teilweise so weit von meinem Verständnis, was Film ist, entfernt, dass meine Arbeit von einigen Seiten angefeindet wurde, was auch eine neue, sehr interessante Erfahrung war. Auch Marcel Jean, der seit letztem Jahr ein wenig frischen Wind in das Programm bringt, musste sich oft dafür verteidigen, meinen Film selektiert zu haben. Sehr interessant war die Preisverleihung. Diese verläuft so, dass niemand zuvor Bescheid weiß, ob man gewonnen hat oder nicht. In einem riesigen Kino mit 1500 Sitzplätzen bringt dies dann auch eine große spontane Freude und einen Lichtkegel auf jene glücklichen GewinnerInnen mit sich, die dann auch anwesend sind.