Fajr International Film Festival - Talent Campus 2019
Als ich eines Abends plötzlich die Zusage vom Talent Campus erhielt, konnte ich es kaum glauben. Es hat bestimmt eine Woche gedauert, bis die aufregende Botschaft wirklich in meinem Kopf angekommen war: Ich verlasse zum ersten Mal in meinem Leben Europa und fahre nach Teheran, in den Iran!
Der Talent Campus und die Iranreise insgesamt waren eine überaus bereichernde Erfahrung für mich, die ich nur wärmstens empfehlen kann.
Zunächst ein paar Worte zum organisatorischen Ablauf:
Bis es losging, musste ich den Kontaktpersonen des Talent Campus die Antworten auf meine zahlreichen Fragen etwas aus der Nase ziehen. (Wann geht es los? Für welche Zeit soll ich meine Flüge buchen? Für welchen Zeitraum gilt das Visum?)
Letzten Endes konnte das Festival ein Visum für 15 Tage für mich bereitstellen. Das war sehr gut, denn so wurde es mir ermöglicht, nach Ende des Talent Campus noch eine Woche lang auf eigene Faust das Land zu bereisen.
Das Festival übernimmt einen Teil der Reisekosten (200€) - nicht mehr wie früheren Berichten zufolge die gesamten Flugkosten. Es stellt außerdem Hotel, Verpflegung und ein gemeinsame Sightseeing-Touren im Zeitraum des Talent Campus.
Ab dem Tag des Abfluges war das Betreuerteam sehr zuverlässig und gut organisiert. So wurde ich
z.B. trotz meiner frühmorgendlichen Ankunftszeit am Flughafen empfangen und in einem Taxi zum Hotel gebracht.
Inhaltlich bestand der Talent Campus hauptsächlich aus Vorträgen mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen. Diese Masterclasses waren vom Niveau her sehr unterschiedlich. Einige waren nur mäßig interessant oder litten durch simultane Übersetzung von Farsi ins Englische. Andere Masterclasses waren überaus inspirierend, wie z.B. die Begegnung mit Paul Schrader, dem Drehbuchautor von „Taxi Driver“.
Außerhalb der Masterclasses konnten wir kostenlos so viele Festivalfilme anschauen, wie wir wollten.
Der einzige praktische Teil des Talent Campus bestand darin, eine Stoffidee zu einem bestimmten Thema zu pitchen und einen Geldpreis dafür zu gewinnen. Eigentlich eine schöne Geste. Das Manko: Diese Möglichkeit wurde erst vor Ort angekündigt! Der Talent Campus hatte keinerlei Zeitslots für die Arbeit am Stoff eingeplant, was dazu führte, dass eigentlich nur Leute mit einer bereits bestehenden Idee eine Chance hatten und einige, mich eingeschlossen, sich gegen eine Teilnahme entschlossen.
In einem neuen Land, mitten im Kulturschock, hatte ich schließlich wichtigeres im Kopf, als mir eine Idee aus den Fingern zu saugen und auf meinem Handy mühsam auszuformulieren, während es in Teheran so viel zu sehen und es so viele Menschen kennenzulernen galt. Genau, denn wichtiger als alle Programmpunkte waren sowieso immer die Menschen!
Der Talent Campus ist für mich ein großartiger Begegnungsort für junge Filmemacher aus aller Welt. Ich fand es wahnsinnig inspirierend, Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen zu treffen, die alle die gleiche Leidenschaft miteinander teilen. Im Laufe der Woche entstand ein sehr starkes Gruppengefühl – mit dementsprechenden Abschiedstränen am letzten Abend.
Ich bin guter Dinge, dass mir einige Kontakte erhalten bleiben werden und hoffe, dass sich unsere Wege sowohl beruflich als auch persönlich wieder kreuzen werden.
http://fajriff.com/en
Interview mit Janika Heinrich