Alternative Film/Video Festival
Wir landeten am 12.12.2019 in Belgrad und blieben bis zum Ende des Festivals am Sonntag, den 15.12. Die Erfahrung war recht positiv. Es ist ein Festival, das eine lange Geschichte hat, und dort treiben sich sehr junge wie erfahrene experimentelle Filmemacher*innen und Künstler*innen um. Es eröffnet Raum für alternative Filme, von experimentellen Arbeiten bis zur Videokunst wobei auch narrative Arbeiten gezeigt werden. Durch die thematischen Programme kann man die Arbeit eines/einer Regisseurs/in oder eines Kollektivs näher kennenlernen und diskutieren.
In diesem Jahr hatten wir das Glück, drei dieser Programme zu sehen:
South by Southwest, kuratiert von Greg de Cuir, eine Übersicht über die Film- und Videoarbeiten aus der Balkan / mediterranen Region; ein Schwerpunktprogramm von der gefeierten Filmemacherin Rose Lowder, die ihre 16 mm-Vorführung präsentierte und auch Teil der Wettbewerbsjury war; ein retrospektives Programm von Kosmoplovci, ein Avantgarde-Kollektiv aus Belgrad, das seit den frühen 2000er Jahren aktiv ist und in seinen Arbeiten Low-File-Videotechniken verwendet, um die regionale Situation nach dem Balkan-Krieg zu kommentieren; ein kollektives Programm von Mitgliedern der Mono No Aware Community (NY), präsentiert von Steve Cossman, Gründer und Leiter des analogen Filmlabors / Plattform / Bildungszentrum, der während des Festivals auch einen Workshop leitete; sowie ein Programm des litauischen Kurators Lukas Brasiskis mit Videokunstwerken, die sich mit den zerstörten postindustriellen Landschaften Osteuropas beschäftigten.
Das Festival findet innerhalb des Students' City Cultural Center statt, mit zwei Kinos, einem Ausstellungsraum, einer Cafeteria und dem Koordinationsraum, der als Treffpunkt dient. Da sich alles im selben Ort abspielt, ist es sehr einfach, mit anderen Teilnehmer*innen und dem Festivalteam zu interagieren. Neben den schon genannten Namen hatten wir Gelegenheiten mit der Co-Direktorin des European Media Art Festivals, Katrin Mundt; der Forscherin und Programmdirektorin des Kulturzentrums CZKD in Belgrad, Aleksandra Sekulic; dem Direktor des AFV-Festivals Milan Milosavljevic; den Filmemachern Michael Fleming, aus Amsterdam, der ebenfalls einen Film im Wettbewerb hatte und Matevz Jerman aus Ljubljana zu unterhalten und auszutauschen.
Der diesjährige Wettbewerb wurde von dem Belgrader Künstlerduo Doplgenger (Isidora Ilic und Bosko Prostran) kuratiert, mit der Leitidee “The Great Acceleration”. Die Tatsache, dass das Programm ausgehend von einer Recherche des kuratorischen Duos zusammengestellt wurde, verlieh dem Festival eine besondere Ernsthaftigkeit und Zusammenhang. Am vorletzten Tag haben wir uns aktiv an einer Debatte über das Kuratieren des Festivals aber auch über die Rolle von Kuratoren und Film- und Videofestivals in der heutigen Welt beteiligt, was unsere Erfahrungen dort sehr bereichert hat.
Zwei Punkte, die wir für verbesserungswürdig halten:
- mehr freie Zeit zwischen den Programmen. Da es nur eine kleine Pause gab und alle Programme interessant waren, blieb kaum Zeit, um ein wenig von der Stadt zu erfahren, in der das Festival stattfindet.
- da das Festival nur sehr wenig Personal, läuft die Kommunikation nicht hundertprozentig wie sie sollte, es wird empfohlen, dass die Teilnehmenden einen Projektionstest anfordern, nur um sicherzugehen, dass alles so wird, wie es sein sollte.
Mit diesen pünktlichen und sogar subjektiven Vorbehalten, in denen nichts den Wert des Festivals mindert, empfehlen wir Regisseur*innen wärmstens, am Festival teilzunehmen. Alternative ist das Ergebnis einer ernsthaften Arbeit, eines über Jahrzehnte entwickelten Gedankens über das Kino, der von Menschen gemacht wurde, die sich im Metier auskennen und es gut kennen. Nach der Vorführung unseres Kurzfilms EL MERAYA hatten wir eine motivierende Debatte mit dem Publikum und den Kuratoren, die zeigten, dass sie viel über Kino der ganzen Welt wissen und ein echtes Interesse an unserer Arbeit hatten, was uns sehr glücklich gemacht hat.
Vor der Verabschiedung wurden wir von Ivan Velisavjevic bei einem Besuch des Archivs im Kulturzentrum geführt, für das er verantwortlich ist. Es war eine schöne Tour. Neben vielen Schätzen aus den letzten Jahrzenten zeigte er uns die Sammlung von VHS-Kassetten des Filmemachers Dusan Makavejev, die er dem Archiv geschenkt hat.
Wir gingen mit dem Wunsch, wiederzukommen.