Festival of Different and Experimental Film 2011
06.-11.12.2011
Bericht von Nadine Poulain (360°)
Dank der Unterstützung von AG Kurzfilm und German Films konnte ich im Dezember 2011 zur Vorführung meines Films 360° zum “Festival des Cinémas Différents et Expérimentaux de Paris“ reisen. Das Festival ist eines der wenigen reinen Experimental Film Festivals weltweit und blickt als Bestandteil der Organisation “Collective Jeune“ auf eine Jahrzehnte lange und interessante Geschichte zurück. Der “underground spirit” sowie der kollektive Gedanke sind deutlich zu spüren. Es handelt sich um ein relativ kleines Festival. Dies ist sicherlich nicht verwunderlich, denn es bedingt sich allein schon durch die Konzentration auf das Genre des experimentellen Films. Das Festival findet über sechs Tage in einem alten Backsteingebäude mit dem Namen “Les Voutes“ (die Bögen) statt. Filmvorführungen, Festival Ausstellungen und Festival Bar befinden sich in direkt nebeneinander liegenden Räumen, wodurch eine intime, fast schon familiäre Atmosphäre entsteht, eine Oase für Cineasten sozusagen. Der Eintritt zu den Filmvorführungen ist frei, bzw. ist es jedem selbst überlassen, ob und wie viel er zahlt.
Das Festival Programm von 2011 war vielfältig und interessant. Neben dem internationalen Wettbewerb, dessen Programmblöcke einmal wiederholt wurden, gab es Vorstellungen, die von anderen Experimental Film Festivals und Organisationen aus unterschiedlichen Ländern kuratiert worden waren. Darunter waren z.B. “L’Alternativa Film Festival“ (Barcelona), “Split Film Festival“ (Kroatien) und “No.w.here Film Lab“ (Großbritannien). Des Weiteren präsentierte das renommierte französische Film- und Kuratorenlabel “Lowave“ eine Reihe von Filmen. Eine Performance und zwei Videoinstallationen gehörten ebenfalls zum Programm. Alle Filmvorführungen fanden im gleichen Raum statt. Die Projektion und der Sound waren technisch einwandfrei. Die Leinwand war allerdings nicht absolut sauber, was bei einigen wenigen Filmen, die große helle Flächen zeigten, negativ auffiel. Im Gespräch mit dem Festival Team stellte sich heraus, dass dieses schon alles versucht hat, um dieses Manko zu beheben. Letztlich ist eine neue Leinwand von Nöten, was natürlich in erster Linie eine Geldfrage ist. Obwohl meine Vorführung auch von dieser Problematik betroffen war, konnte ich mich über eine lobende Erwährung der “Grand Jury“ für meinen Film 360° freuen.
Die Moderation des Festivals und die Fragen des Publikums kreierten eine Atmosphäre des intensiven und angeregten Austauschs und besonders die späten Vorstellungen waren gut besucht. Die gewölbten Backsteinräume trugen zudem zu einem besonderen Flair, welches irgendwie abenteuerlich, fast schon feierlich, auf jeden Fall aber fern ab des Mainstream Kinos und seiner Multiplexe war, bei. Angenehm fand ich auch die zeitliche Strukturierung. Das Festival begann erst am späten Nachmittag und ging dann mit kurzen Unterbrechungen, in denen man sich in der Bar mit einer warmen Malzeit und einem Glas Rotwein stärken konnte (als Filmemacher erhielt man einige Gutscheine für Essen und Trinken), bis Mitternacht weiter. Dadurch hatte man tagsüber genug Zeit, um sich Paris anzusehen.
Ich kann die Reise jedem empfehlen, der sich ernsthaft mit dem Genre des experimentellen Films beschäftigt. Die Stimmung des “Festival des Cinémas Différents et Expérimentaux de Paris“ ist herzlich und zugleich international wie auch charmant französisch. Als Filmemacher findet man hier sowohl die Gelegenheit seine Arbeit einem fachkundigen Publikum vorzustellen wie auch interessante Kontakte zu knüpfen und erhält darüber hinaus einen guten Einblick in die Welt des etwas “anderen Kinos“. Von Vorteil ist es allerdings, wenn man zumindest ansatzweise die französische Sprache beherrscht. Für den Dialog mit dem Publikum steht einem zwar ein Übersetzer zur Seite, die Programm-Moderation und die Gespräche in der Bar finden jedoch fast ausschließlich auf Französisch statt.