Bericht von Dominik Siebel (TRAUMFABRIK)
„TAMPERE: eine kleine Stadt im Nirgendwo, dort ist wohl kein weltbewegendes Kurzfilm-Festival zuhause.“, dachte ich, die Mail mit der Einladung lesend. Dennoch freute es mich sehr, dass mein Film dort ein neues Publikum erreichen würde. Hinfliegen aber wäre zu teuer, leider. Meine Freude wuchs dementsprechend, als Freunde mir dann erzählten, dass German Films des öfteren Flüge zu diesem Festival unterstütze und, dass es sich bei Tampere, eben doch um eines der renommierteren Festivals handele. Wiederum kurz später saß ich im Flugzeug: Von Düsseldorf nach Helsinki fliegend und von dort mit dem Zug durch das flache Land, vorbei an Seen, Felsen, und rostrot gestrichenen Holz-Häusern, 'landete' ich in Tampere: Leider zu spät und zu erschöpft für die legendäre Saunaparty. Irgendwie war mir der ganze Rummel nach dem langen reisen und fliegen auch etwas zu viel. Also kam der Festival-Pass in die Jackentasche und ich schaute (quasi anonym) Filmblock nach Filmblock: viele großartige Kurz-Filme. Leider jedoch, wie so oft, etwas viel 'Betroffenheits-Kitsch': Filme über einbeinige Kriegskinder und andere Bemitleidenswerte, Ausgeschlossene oder Benachteiligte; Filme die gemacht wurden um ordentlich auf der Gefühlsorgel zu dudeln. Zum Glück aber gab es auch etliche andere Filme wie z.B. „Rabbitland“ (Ana Nedeljkovic), der schon auf der Berlinale „abgeräumt“ hatte, „Quelqu’un d’extraordinaire (Monia Chokri)“ und „Emergency Calls“ (Hannes Vartiainen)“.
Am nächsten Tag tauchte ich nach und nach aus meiner Anonymität auf: Traf mich mit einem deutschen Festivalmacher, den ich sehr schätzen lernte, und gab mich bei dem Screening meines Films als dessen Regisseur zu erkennen. Kino, Screening und Ton waren einwandfrei. Mein Film kam auch ganz ok an: Natürlich fand er nicht nur Liebhaber aber beim „Question & Answer“ (nach dem Film im Kino) gab es eine lange und mitunter kontroverse Diskussion, was ic als Kompliment werte. Persönlich war ic zufrieden, überhaupt recht langanze Sätze formuliert zu haben … (ohne zu stottern, rot zu werden oder fehlende Satzbausteine/ Wörter ;-).
Die nette Moderatorin der „Questions und Answers“ führte mich dann, mir meine Aufregung ansehend, durch die Menschenmassen in und vor dem Kino, durch Parks und kleine Straßen, bis in eine Karaoke-Bar, wo sie mich an der Theke abstellte und etwas von Party erzählte. Beim ersten Bier realisierte ich dann nach und nach, dass hier die heutige After-Festival-Party stattfinden sollte. Gestern Sauna, heute Karaoke, Mmorgen Rock 'n' Roll: super! Ganz klischeehaft finnisch, feucht-fröhlich und herzlich – so ist das schillernde Rahmenprogramm dieses Festivals. Hier wird viel Liebe und Achtsamkeit investiert, um den Filmemachern und Festivalleuten eine gute Zeit zu ermöglichen. Die Besucher werden, so wie ich nach dem „Question und Answer“, sprichwörtlich dort abgeholt, wo sie gerade sind und in ein warmherziges, feucht-fröhliches Festivaltreiben involviert. Und dass ist dann wohl auch das, was das Festival zu dem Kult-Festival macht.
Sowohl einige der Filme und Gespräche, als vor auch der lange Abend in der Karaokebar, den ich mit einem der Programmdesigner und einem finnischen Dokumentarfilmemacher, mit finnischem Tango und viel Bier verbrachte, werden mir ewig in Erinnerung bleiben. Das alles hat Kraft gegeben und mich inspiriert am nächsten Projekt zu arbeiten. Es ist toll eigene Projekte zu solch schönen Screenings und Anlässen begleiten und damit irgendwie auch verabschieden zu können. (German Films sei deshalb hier noch einmal gedankt!) Die förmlicheren Teile des Festivals hingegen (all die VIP-Empfänge, Cocktails, Matinees und ähnlich) wirkten im Vergleich zu dieser großherzigen Gastfreundlichkeit, zu Rock 'n' Roll und Saunaparty eher trocken, klein, unbeholfen und etwas bemüht. So führte auch ich bei diesen Veranstaltungen, DVDs und Druckmaterialien verteilend, mit dem einen oder anderen mehr oder weniger inspirierte Gespräche. Immerhin kamen dadurch einige Kontakte und Festivaleinladungen zustande.
Fazit: Die Saunaparty nicht verpassen (egal wie müde ihr seid).