Reykjavik International Film Festival 2016
Die Weltpremiere unseres Kurzfilms „Elisa“ fand im Rahmen des internationalen Kurzfilmprogramms bei dem „Reykjavik International Film Festival“ RIFF statt.
Als wir die Einladung vom RIFF erhielten, haben wir nicht lange überlegt. Das Festival und besonders Island als Veranstaltungsort mit seinem Glauben an Übersinnliches (es gibt sogar eine Feen-Ministerin) schien auf eine besondere Weise zu unserem Film zu passen: zu der Geschichte eines Mädchens, das sich eine Doppelgängerin erschafft, die geheimnisvoll wie ein Nachtmar bei ihr erscheint.
Zum ersten Mal seit 32 Jahren wurde das Kurzfilmprogramm des RIFF als Wettbewerb ausgerichtet, an dem in diesem Jahr elf Kurzfilme teilnahmen. Nach einer langen, intensiven und streckenweise sehr aufreibenden Zeit, die wir mit der Herstellung des Films verbracht haben, wollte die gesamte Kernmannschaft (Regie, Drehbuch, Kamera, Produktion) zur Weltpremiere anwesend sein. So entscheiden wir und trotz der hohen Kosten (vom Festival wurden nichts außer zwei Akkreditierungen gestellt), zu viert für Woche nach Reykjavik zu fahren. Wir wollten genug Zeit für das Festival haben und gleichzeitig die Insel kennenlernen.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an German Films für die Unterstützung unser Festivalreise!
Reykjavik, die Hauptstadt Islands, liegt an der Küste und ist geprägt von einer skandinavisch-minimalistischen und zurückhaltenden Architektur. Auffallend sind die – trotz nordischer Zurückhaltung - freundlichen Bevölkerung und die entspannte und gelassenen Atmosphäre. Die Stadt und das Land sind in den letzten Jahren besonderes attraktiv für junge Menschen geworden, die auf der Suche nach besonderen Eindrücken sind. Weil Island zwischen zwei Kontinenten liegt, trifft man hier gleichermaßen Menschen aus Europa und Nordamerika, die eine Zeit als Austauschstudenten, Praktikanten oder Freiwillige im Rahmen von Work and Travel Programmen in Island verbringen. Die Insel erlebt gegenwärtig einen regelrechten touristischen Boom und es ist nicht einfach, unter den vielen Zugereisten in Reykjavik einen der eingeborenen Isländer zu treffen.
Das RIFF ist offensichtlich ein großes und sehr besonderes Ereignis für das ganze Land. Nach der Ankunft wurden wir im Guest Office empfangen. Eine ganze Woche lang arbeiteten die Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer mit einem großen Enthusiasmus an der Ausrichtung des Festivals. Von kleinen „Schwierigkeiten“, wie sie bei allen großen Veranstaltungen auftreten, abgesehen, wurden unsere Fragen im Vorfeld sowie während des Festivals freundlich und schnell beantwortet. Das Festival ist überschaubar und wirkt durch seine unprätentiöse Atmosphäre sehr sympathisch. Die Filme wurden verteilt über die ganze Stadt an unterschiedlichen Veranstaltungsorten gezeigt.
Der Hauptteil des Festivalprogramms bestand aus Spiel- bzw. Dokumentarfilmen die bereits Erfolge auf anderen großen Festivals gefeiert hatten (Raving Iran, Mr Gaga, Death in Sarajevo, Anatomy of Violence, etc.). Ein anderer Teil des Programms beschäftigte sich ausschließlich mit dem isländischen Film. Das war besonders interessant und bot die Möglichkeit einen Einblick in die Themen und die Ästhetik dieses kleinen Landes zu gewinnen, dessen Leben sehr unmittelbar mit den hier dominierenden Naturgewalten verbunden ist.
Als Ehrengäste des Festivals waren in diesem Jahr Chloe Sevigny, Deepa Mehta und Darren Aranofsky angereist, die jeweils eine Masterclass abhielten. Ein besonderer Programmpunkt war der offizielle Empfang in der Residenz des isländischen Präsidenten. Das Staatsoberhaupt und seine Frau begrüßten jeden Gast persönlich mit einem Händeschütteln, gefolgt von einer emotionalen Rede über die besondere Bedeutung des Festivals und der Filmindustrie für das kulturelle Leben Islands. Bei diesem Empfang (und bei vielen anderen Veranstaltungen) war auch die Künstlerin Björk anwesend.
Ein Teil unserer Gruppe hat das Office von Saga Productions besucht, die eine der größten isländischen Produktionsfirmen im Bereich der Film- und Fernsehproduktion ist. Aus ihrer Präsentation der amüsanter Aspekt deutlich, dass sie trotz hohem Filmproduktionsaufkommen in Island kaum Konkurrenz auf dem heimischen Markt haben.
Auch wenn die Macher des Festivals sich sehr um ein hohes Niveau und den Komfort ihrer Gäste bemühen, so gibt es ein paar Kritikpunkte. In den ersten Tagen gab es für die eingeladenen Filmemacher von Festivalseite keinerlei Möglichkeiten zum Kennenlernen und Austausch. So blieben zunächst die zusammen, die ohnehin gemeinsam angereist waren oder sich kannten. Das lag zum Teil daran, dass die Teilnehmer des Kurzfilmprogramms nicht im Festivalhhotel untergebracht waren. Schwerwiegende war aber, dass es für die „verschiedenen Kategorien von Festivalteilnehmern“ anderes Programm gab. So waren wir als Kurzfilmemacher beispielsweise nicht zum Festivaldinner (Mitte des Festivals) oder zur Bustour zu den besonderen Drehorten Islands eingeladen, das war den Teilnehmern vom Talent Lab, Industry Market und der Spielfilmsparte vorbehalten. Bei einem überlaufenen Besucherandrang wäre dies verständlich gewesen, aber die angereisten internationalen Gäste (v.a. Filmemacher) war doch sehr überschaubar.
Da das Festival nicht zu groß ist, ergaben sich aber es im Laufe der zehn Tage doch Möglichkeiten, den anderen Teilnehmern zu begegnen und sich in einer informellen Atmosphäre auszutauschen. Beispielsweise bei der polnischen Party, Filmvorführungen in einem Schwimmbad, dem Empfang der deutschen Botschaft, einer Verkostung mit einem Nationalgericht (Suppe aus einem Schafskopf), der Premierenparty des isländischen Films „Innsaei“ sowie dem Abschlussdinner und der Abschlussveranstaltung im Museum der Wale.
In den letzten Tagen konnten wir uns vom Festivaltreiben absetzen und machten einen Ausflug nach Snaefelsnes mit einer Übernachtung. Trotz des kurzen Zeitraums war es eine Reise voller einmaliger Eindrücke durch ein Land, das uns vorkam wie ein faszinierender, fremder Planet. Wir sahen Polarlichter leuchten, badeten in heißen Quellen (bei einer Außentemperatur von maximal +7 Grad), wir ritten auf den weltberühmten Islandpferden, hörten das majestätische Rauschen von Wasserfällen, spürten die gewaltige Kraft der isländischen Winde, die uns fast umwehten ... und all dies getaucht in das ganz besondere und eigenartige Licht Islands, dass der ganzen faszinierenden Umgebung den surrealen Charakter einer irrealen Perfektion verlieh.
Nur die Papageientaucher haben wir nicht zu Gesicht bekommen. Diese Vögel sind auch das Symbol des RIFF. Nach einer Paarungszeit Ende August ziehen sie in den offenen Ozean wo sie den Rest des Jahres bis zum nächsten Sommer verbringen. Ganz sonderbare Vögel sind das.
Nach unserer Rückkehr blieben ein zärtliches Gefühl von Verliebtheit in dieses besondere Land und der Wunsch, eines Tages wiederzukommen. Und das sehr gerne wieder als Teilnehmer des RIFF Festivals – oder um den nächsten Film in dieser atemberaubenden Kulisse zu drehen.
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