European Film Festival 2014
Bericht von Julian Cohn (ABBITTE EINES MÖRDERS)
Mit dem Bescheid der Reisekostenübernahme erhielt ich von der AG-Kurzfilm den Reisebericht zum Festival von 2009 von Lenn Kudriawizki . Nachdem ich diesen durchgelesen hatte war ich ernüchtert und meine Freude über die Nominierung total verflogen. Trotzdem entschieden wir uns nach Lille zu fahren – zum Glück:
Wie Kudriawizki in seinem Bericht bereits beschreibt, ist das Festival ein Projekt der Business-School (M.A.) vor Ort. Die ca. 50 20-24 jährigen Studenten stehen mit vollem Einsatz hinter der Veranstaltung, sodass man mit der sofort angebotenen Abholung am Bahnhof und dem Transfer zum Hostel von einer wahren Welle der Gastfreundlichkeit überrannt wird. Ich bin selten so herzlich an einem Ort empfangen worden, wie vergangenen Samstag. Dies hat sich die folgenden Festivaltage auch nicht geändert: Wir wurden durchgehend von mindestens zwei Mitgliedern des Organisationsteams betreut. Für ein Ausgleichsprogramm zu den Screening (get2gether Partys etc.) war jeden Abend gesorgt. Eine Sache, die uns zu Anfang etwas irritiert hat, ist die gemeinsame Unterbringung mit anderen Filmemachern in einem 4-Betten-Zimmer. Letztendlich war dies aber das Beste, was uns passieren konnte, da wir so, sowohl mit einem spanischen, deutschen und französischen Kollegen in direkten und unkomplizierten Kontakt kamen und das Zimmer durch die gleichen Interessen schnell zu einer Art WG mutierte. Die ausgewählten Filme waren nahezu durchgehend hochwertig und boten einen sehr guten Überblick über das, was in der europäischen Kurzfilmszene derzeit passiert. Die Filme wurden jeweils in zwei Kinos gezeigt. Zum Einen in einem kleinen Szenekino mit 100 Sitzplätzen, zum Anderen in einem großen Multiplexkino in der Innenstadt von Lille. Hier kam dann der wohl einzige Negativpunkt des Festivals zum Tragen: Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel wurden die Filme von den Studenten selbst vorgeführt, was zu einer teilweise sehr abenteuerlichen Projektion (halbe Leinwangröße, gestretches oder gestauchtes Bild, falsche Farbwiedergabe etc.) führte. Dies hielt sich jedoch noch im verträglichen Rahmen und die Studenten waren sich dieser Schwäche bewusst. Versuche, die Probleme während des Festivals zu beheben, schlugen allerdings fehl, sodass nach Aussage der Festivalleiterin in den nächsten Jahren auf jeden Fall wieder auf professionelle Vorführer gesetzt wird.
Von mangelnden PR-Aktivitäten des Festivals kann ich nicht berichten, im Gegenteil: Als wir bei Filiale der BNP Paribas Geld am Automaten abhoben, prangte uns das Plakat des Festivals bereits aus dem Bildschirm des Bankautomaten entgegen. Überall in der Stadt hingen zudem Plakate des Festivals. Die Studenten waren zudem mit Flyern und Programmen in der ganzen Stadt unterwegs und warben Publikum. Zudem wurde über die ersten zwei Festivaltage mit einigen Ständen und einem fahrbaren Kino in einem Bus massivste PR-Arbeit für das Festival geleistet, sodass der nur halbgefüllte Saal letztendlich dem, für diese Region wohl wirklich ungewöhnlich schönen Wetter zur Last gelegt werden muss.
Die Promo-DVDs habe ich an die Festivalleitung übergeben, die ihrerseits versprach, sie an den Nachfolger weiterzugeben und sich im nächsten Jahr einmal mit der AG Kurzfilm in Verbindung zu setzen. Die restlichen Promomaterialien habe ich sowohl in den jeweiligen Projektionsstetten, als auch an den get2gether Abenden verteilt und ausgelegt.
Zusammenfassend lässt sich die schlechte Bewertung des Festivals von 2009 sicher aufheben und der damaligen Festivalleitung zur Last legen. Ich empfehle allen Filmemachern ihre Filme dort einzureichen, wenn sie einmal beste nordfranzösische Gastfreundschaft genießen und in einem ungezwungenen Umfeld neue Kontakte und Freundschaften zu Filmemachern aus ganz Europa knüpfen wollen.
http://filmcourt-lille.com