CamerImage 2013
Bericht von Daniel Rübesam (BRÜDER)
Die CAMERIMAGE in Bydgoszcz, Polen, gilt als eines der größten und wichtigsten Filmfestivals im Bereich der Bildgestaltung. Das Festival existiert seit nun genau 20 Jahren und hat sich zur Aufgabe gemacht, die Kunst der Bildgestaltung im Film mit diesem Festival zu ehren und zu feiern.
Wir wurden dieses Jahr (2013) mit dem Kurzfilm BRUEDER (Regie: Daniel Rübesam, Kamera: Tony Kopec) in der „Student Competition“ für die beste Bildgestaltung bei einem Studentenfilm nominiert.
Im kleinen, beschaulichen Ort Bydgoszcz, ca. 300 Kilometer hinter der deutsch-polnischen Grenze, hat das Festival insgesamt drei nah beieinander gelegene Veranstaltungsstätten, in denen Screenings, Workshops und sogenannte Meetings stattfinden.
Die zentrale Anlaufstelle ist die Opera Nova, in der sowohl die Eröffnungsveranstaltung, als auch die Preisverleihung abgehalten werden. Hier findet man neben dem Veranstaltungssaal, auch die Festivalinformation, wo Festivalakkreditierungen erhältlich sind, sowie weitere Informationsstände diverser Magazine, wie KAMERAMANN oder AMERICAN CINEMATOGRAPHER, und Herstellern von Kameratechnik, wie z.B. ARRI oder HAWK.
Die Opera Nova dient als zentrale Anlaufstelle für das Tagesprogramm. Es gibt hier zwei Säle, in denen Screenings stattfinden. Einer davon wird ausschließlich für Dokumentarfilme genutzt. Weitere Filmscreenings sind ins nahe gelegene Multikino
ausgelagert. Ein Multiplexkino, in dem in insgesamt drei Sälen von morgens bis in die Nacht Filme vorgeführt werden. Im Vergleich zu anderen Festivals, die wir besucht haben, wird hier großen Wert auf die technische Qualität der Screenings gelegt. In jedem Raum hat man eine angemessene Projektion der Filme. Dies fördert nicht nur den Filmgenuss, sondern zeigt auch einen respektvollen Umgang mit dem Medium Film und Kino. Oft haben wir es auf Festivals erlebt, dass die Screenings eher zweitrangig sind und in kleinen Seminarräumen über eine halbherzige Beamerprojektion gezeigt werden, während das komplette Geld in eine Oscar-ähnliche Preisverleihung fließt. Mit dem Unterschied, dass die Screenings so bedeutungslos waren, dass kaum einer die Filme gesehen hat, die dann Preise bekommen haben. Dies kann man weder den Veranstaltern, noch dem Publikum der CAMERIMAGE nachsagen. Selten haben wir so viele filmbegeisterte Menschen auf einem Haufen gesehen. Fast jedes Screening war überfüllt und die Stimmung war großartig, dass sie einen nach kurzer Zeit schon angesteckt hatte. Es scheint Tradition zu sein, dass es Applaus gibt, sobald der Festivaltrailer gezeigt wird, sowie jedes Mal, wenn der Kameramann im Vor- oder Abspann genannt wird. Was anfangs etwas befremdlich wirkte, wurde ziemlich schnell vom gesamten Publikum angenommen. Aber nicht nur die Stimmung machte Lust auf die Screenings, sondern auch die Auswahl und Qualität der Filme. Das ist ein wenig die Krux an dem Festival. Man hat die Qual der Wahl, und selten die Möglichkeit alles zu besuchen, das einen interessiert. Oft stand man vor der Entscheidung, sich entweder Filme wie GRAVITY, INSIDE LLEWYN DAVIS oder RUSH anzuschauen, Filme, die man sich auch privat im Kino noch angesehen hätte, oder die Gelegenheit nutzt, sich lieber unbekanntere Filme wie z.B. den mexikanischen Film HELI oder den polnischen Festivalgewinner IDA zu schauen, von dem man über Gespräche schon viel Lob gehört hatte und eventuell lange auf eine weitere Gelegenheit warten muss. Insgesamt haben wir keinen Film gesehen, der uns enttäuscht hat.
Doch neben den Screenings erwartet einen auf der CAMERIMAGE auch eine Fülle von interessanten Workshops und Meetings. Die meisten Workshops hatten logischerweise einen starken Fokus auf kamerarelevante Themen. Doch es fanden auch Workshops zu anderen Themen, wie z.B. „Editing“ oder „Vermarktung von Filmen“ statt. Sicherlich interessant für alle Teilnehmer, ganz gleich welchen Fachgebiets, waren die sogenannten Meetings mit bekannten Filmemachern, wie z.B. Marc Forster (Regisseur von „Finding Neverland“, „James Bond – Ein Quantum Trost“, „World War Z“), Joel Cox (Editor von „Million Dollar Baby“, „Prisoners“, „Mystic River“) oder John Turturro (Schauspieler in „O Brother, Where Art Thou“, „Transformers“, „Barton Fink“). Es war sehr spannend dieser Personen hautnah zu erleben und auch die Möglichkeit zu haben, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Auch wenn es außerhalb des Festivalrahmens, sprich während der Meetings, schwieriger wurde.
Abseits des Festivalprogramms gab es viele begleitende Partys und Get-Togethers mit Vertretern der Branche. Neben der hauseigenen CAMERIMAGE-Party, die jeden Abend in einem extra fürs Festival eingerichteten Club stattfand, gab es von den jeweiligen Branchenvertretern (ARRI, HAWK, KODAK, usw.) eigene Veranstaltungen. Zu den meisten dieser Veranstaltungen kam man nur mittels Einladung, hatte jedoch oft die Möglichkeit, durch Gespräche und die richtigen Kontakte, auch diese Partys zu besuchen. Sicherlich empfehlenswert ist auch die Abschlussparty nach der Preisverleihung. Hier treffen sich die meisten Festivalteilnehmer, Nominierten, Preisträger und Veranstalter in sehr gelassener Stimmung. Es ist noch einmal ein guter Augenblick, um mit Leuten in Kontakt zu treten. Auf eine sehr lockere und angenehme Art.
Einziger Wermutstropfen des Festivals ist sicherlich ein wenig der organisatorische Aspekt. Zwar gibt es die Möglichkeit Akkreditierungen für das gesamte Festival zu bekommen, leider bedeutet dies nicht unbedingt, dass man alle Screenings und Veranstaltungen auch wirklich besuchen darf. Sie erlaubt lediglich, sich jederzeit in der Opera Nova aufzuhalten und dort an allen Workshops und Meetings teilzunehmen. Die Screenings, sowohl in der Opera Nova, als auch in den Multikino-Sälen unterliegen strengen Zugangsbeschränkungen. Ohne Ticket kommt man nicht in die Screenings. Leider ist es so, dass man für die Screenings im Multikino Karten reservieren kann, wie man es auch sonst bei Multiplexkinos kennt. Auch hier müssen die Karten eine halbe Stunde vor Beginn abgeholt werden. Leider existiert auch hier die Praxis, dass man gerne auf Verdacht Karten reserviert, nach Möglichkeit für alle Screenings, ohne genau zu wissen, ob man tatsächlich hingeht oder nicht. Dies ist besonders der Fall bei Screenings morgens um 9 Uhr, wenn am Abend zuvor eine lange Partynacht anstand. Im Endeffekt heißt das für alle, die keine Karten am ersten Festivaltag reserviert haben, dass man sich in lange Schlangen einreihen muss, um die Karten abzugreifen, die zwanzig Minuten vor Screeningbeginn wieder von der Reservierung freigegeben werden. Wenn man Pech hat, bekommt man keine Karten ab. Das heißt, auch ein Festivalpass schützt nicht davor, im schlimmsten Fall kein einziges Screening zu besuchen. Dies sollte man unbedingt wissen. Da wir erst am dritten Tag anreisen konnten und noch nicht genau Bescheid wussten, mussten wir den ersten Tag so ziemlich auf jedes Screening verzichten.
Wenn man das allerdings weiß, kommt man schnell dahinter, wann und wo man zur richtigen Zeit anstehen muss, um doch noch einen Platz zu ergattern. Alles in allem war die CAMERIMAGE 2013 ein empfehlenswertes Festival. Wir werden sicher wiederkommen, auch ohne mit einem Film nominiert zu sein.
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