Milano Film Festival 2012
Bericht von Thomas Stuber (VON HUNDEN UND PFERDEN)
Der Hauptveranstaltungsort des Milano Film Festivals ist das Teatro Strehler in Mailand, neben anderen Orten in der Stadt, wie dem Parco Sempione und dem Acquario Civico, die zwölf Tage mit Kino, Musik und Treffen mit Gästen und internationalen Filmemachern belebt werden. Dabei ist besonders das Open-Air-Kino im Parco Sempione hervor zu heben, wo die Filmvorführungen unter freiem Himmel, im wunderschön gelegenen Park und direkt neben dem Castello von Mailand, eine ganz besondere Atmosphäre erzeugen. Das kann nur zu Herbstbeginn bereits etwas kalt werden, und manche Vorführungen beginnen erst um 22.30 Uhr und dauern bis spät in die Nacht. Das Festival zeichnet sich weiter durch eine Fülle an verschiedenen Sektionen, Nebenreihen und Spezialvorführungen aus, und zeigt damit ein sehr breites und spezielles Spektrum an zeitgenössischem Weltkino, mit dem Schwerpunkt „innovatives Kino“.
2012 ist das Festival weiterhin durch die doppelte künstlerische Leitung von Alessandro Beretta und Vincenzo Rossini, die jüngsten italienischen Festivalkinoleiter, gekennzeichnet. Überhaupt ist das Milano Festival ein sehr junges Festival, nicht nur von seinem Filmrepertoire, sondern besonders was seine Mitarbeiter betrifft: Es gibt unzählige Helfer und Volontäre, die alle sehr jung sind (meist Studenten). Das schafft eine sehr frische und lebendige Atmosphäre. Man trifft sich vorm Teatro Strehler an der Bar, wo fast jeden Abend eine Band auftritt, oder eine DJ auflegt. Oder im Parco Sempione, hinter der großen Leinwand des Open-Air-Kinos, wo man als Filmemacher gern eingeladen ist, kostenfrei das einfache Essen zu probieren, das für die Mitarbeiter mittags und abends ausgegeben wird. Auch die Bier-, Wein- und sonstigen Getränkepreise sind hier ausnahmsweise erschwinglich. Ansonsten ist Mailand nämlich ein ziemlich teures Pflaster.
Auch dieses Jahr präsentierten die Festivalleiter ein Filmprogramm, das sich besonders neuen Produktionen und Independent-Filmen widmete, einer Identität, die auf das Suchen und Finden eines innovativen, mutigen und qualitativ hochwertigen Kinos ausgerichtet ist. Das Programm sah einen Spielfilmwettbewerb vor, der nur für Erst- und Zweitwerke von Regisseuren aus der ganzen Welt zugänglich war. Außerdem den traditionellen Kurzfilmwettbewerb, eine kollektive und thematische Retrospektive mit verschiedenen Gästen, zudem eine monografische Ausstellung, die einem großen Autoren gewidmet war, sowie Workshops und Erstvorführungen neuer Filme. Außerdem fand die 8. Reihe "Colpe di Stato", der Bereich "Panorama Italia Contemporanea" und die Ausstellung "Vernixage" über die Schnittstelle von Kino und Videokunst statt. Die letzten Filme in der Reihe des Spitzenwettbewerbs "The Outsiders" (mit einem Marathon von Animations-Kurzfilmen im Open-Air-Kino im Parco Sempione) und die Veranstaltung für Kinder ("Milano Film Festivalino"), fand ebenso Platz wie diverse Musikevents und Konzerte auf dem Platz vor dem Piccolo Teatro. Und da sind nur einige der vielfältigen Programmpunkte.
Die Mitarbeiter des Filmfestivals sind engagiert, die Vorführungen grundsätzlich gut besucht, was in den großen Kinosälen allerdings manchmal untergeht. Nach den Vorführungen in Anwesenheit des Regisseurs findet eine kleine Diskussion und Fragerunde statt, mit deutscher oder englischer Übersetzung. Das Filmprogramm, zu dem man mit einem Festivalpass natürlich unbegrenzt Eintritt hat, ist wie erwähnt sehr spannend, man kann sehr interessante Leute, meist aus der innovativen und Kunstfilm-Szene aus Italien, aber auch aus aller Welt treffen. Und natürlich ist auch die Stadt Mailand eine Reise für sich wert, der Duomo Milano (auf den man hinaufsteigen kann, es gibt eine Szene in „Rocco und seine Brüder“ von Visconti, die dort oben gedreht wurde). Und neben dem Mailänder Dom befindet sich gleich das „Wohnzimmer“ der Mailänder, die Galleria Vittorio Emanuele II, eine Einkaufspassage, in der man wunderbar flanieren und einen Espresso trinken kann.
www.milanofilmfestival.it