Black Nights Film Festival
Und da kommt die E-Mail. Unser Kurzfilm Schweigen der Fische ist zum Tallinn Black Nights Festival / PÖFF Shorts eingeladen. Einer der schönsten Festivalnamen wie ich finde.
Unser Film wird im internationalen Wettbewerb mit 20 anderen Kurzfilme gezeigt, ausgewählt aus über 3000 eingereichten Filmen. Da sind das Team und ich schon ein bisschen stolz.
Das Festival hat in den letzten Jahren stark expandiert und man merkt, dass die Filmbranche im Baltikum auf die Überholspur zieht. So bekam das Festival 2014 eine A-Festival-Akkreditierung der FIAPF. Das Festival läuft über zwei Wochen, mit verschiedenen Untersektionen (unter anderem PÖFF Shorts, Baltic Event, etc.) und einem riesigen Programm aus Filmvorführungen, Panels, Konferenzen, etc.).
Wer wie ich viel mitnehmen will, dem kann ich nur empfehlen sich im Vorfeld einen Überblick zu verschaffen und sich einen eigenen roten Faden zu knüpfen, ansonsten ist das Angebot recht überwältigend wie ich finde.
Die Kommunikation im Vorweg zum Festival verläuft einwandfrei.
Nett, freundlich und hilfsbereit. Zu jederzeit bekomme ich Antwort auf Fragen (von denen ich nicht so viele habe).
Am Flughafen Tallinn werde ich vom Festival-Shuttle abgeholt, wie sich herausstellt kann man aber ohne Umstände mit der lokalen Tram ins Zentrum kommen in weniger als 15 Minuten, was ich der Umwelt zu Liebe auf der Rücktour dann auch tue. Außerdem sind die Trams in einem charmanten 70er Jahre Look gehalten und die Tramfahrer tragen farblich passende karierte Pullunder. Mit der Festival-Akkreditierung hat man freie Fahrt im gesamten Stadtgebiet, wer Zeit hat, die Stadt zu erkunden, sollte dies bestimmt tun.
Viel Zeit blieb allerdings nicht. Die Festivaltage sind vollgepfropft mit Programm, das natürlich freiwillig ist, aber da ich gerne das Festival und Filmemacher kennen lernen will, muss ich eben noch einmal als Tourist wiederkommen.
Ich bin zentral untergebracht, das Festival sponsert zwei Nächte in einem modernen Hotel inklusive Frühstück und Spa-Aufenthalt. Alle Kinos liegen von hier fußläufig, was die Atmosphäre des Festivals trotz seiner Größe recht intim wirken lässt, da man sich ständig über den Weg läuft und so gute Kontakte mit den anderen Gästen knüpfen kann.
Tallinn Black Nights Festival läuft parallel zum Kurzfilmfestival PÖFF Shorts, das sein eigenes Programm hat. Ich bin zur Eröffnung eingeladen und die Programmleiter und Gästekoordinatoren sind sehr engagiert und sorgen dafür, dass man sich persönlich willkommen fühlt. An jedem Abend gibt es Events an denen man teilnehmen kann.
Karaoke-Party, Tram-Party und auch die Party von German Film im Szenestadtteil Telliskivi oder auch The Creative City genannt. Auch auf professioneller Ebene gab es Veranstaltungen, die spezifisch auf Kurzfilm zugeschnitten waren. Unter anderem ein Seminar zur Kurzfilmdistribution, Meet & Greet mit Kurzfilmagenturen, etc.
Tatsächlich muss man sagen, dass die Trennung der beiden Festivals an einigen Punkten etwas ärgerlich ist, beziehungsweise geht das Kurzfilmprogramm in Konkurrenz mit dem Programm des Tallinn Black Night Festivals etwas unter.
Das internationale Kurzfilmprogramm wird in einem etwas “abgelegenen” Kino gezeigt, immer noch fußläufig vom Zentrum, allerdings nicht in den Main Venues des Festivals.
Auch werden die internationalen Kurzfilme von verschiedenen Q&A-Moderatoren betreut, während die Programmleiter der anderen Sektionen die Moderation selbst in die Hand nehmen, was häufig dazu führte, dass die Q&A’s der internationalen Sektion etwas an der Oberfläche blieben. Und trotz der Anwesenheit mehrere Teams auch zu anderen Screenings, wird nur eine Q&A für ein Screening angeboten.
Auch muss man es selbst in die Hand nehmen, die anderen Regisseure/Teams der Kurzfilme zu finden und kennenzulernen, da es keine Veranstaltung gibt, wo man einander vorgestellt wird.
Insgesamt sind dies aber nur kleine Punkte. Ich würde auch auf jeden Fall empfehlen während der Industry Days anwesend zu sein, die am Ende des Kurzfilmfestivals/Tallinn Black Night Festival liegen. Hier kommt nochmal ein ganzer Schwung interessanter Gäste aus der Branche (Produzenten, Verleiher, etc.) und vor allem, wenn man sich auf einen Debütspielfilm vorbereitet, kann man hier guten Input bekommen und über ein angebotenes “Speed-Dating” versuchen Kollaborationen aufzubauen.
Insbesondere sind viele Branchenvertreter der baltischen Länder vor Ort, wer also hier nach Kollaborationen sucht, für den ist Tallinn Black Nights Festival Gold wert.
Das Festival insgesamt ist sehr bodenständig. Die Stimmung ist super, wenig hierarchisch und es ist leicht ins Gespräch zu kommen. Die Dunkelheit führt zu dem dazu, dass man kein schlechtes Gewissen haben muss, den ganzen Tag im Kino zu verbringen, denn das Festivalprogramm ist spannend kuratiert, neben ein paar bekannten Titeln, wählt das Festival viele unbekannte, inspirierende und mutige Filme aus.