Bericht von Sylvia Schedelbauer (MEER DER DÜNSTE/ SEA OF VAPORS)
Das Ann Arbor Film Festival gilt als das älteste Experimentalfilmfestival der Welt und fand dieses Jahr in seiner 52. Edition vom 25. bis 30. März 2014 statt. Mehr als 200 Filme wurden gezeigt: neben den internationalen Wettbewerben gab es eine Retrospektive mit Thom Andersen, zwei Programme mit frühen Arbeiten von Penelope Spheeris, zwei Programme experimenteller Super 8 Filme, ein Programm internationaler Animationen, ein Programm LGBTQ Filme, sowie Kinder- und Familienfilmprogramme. Die internationalen Wettbewerbe zeigten eine Auswahl zeitgenössischer Experimentalfilme, Animationen, Dokumentarfilme, Spielfilme, sowie hybride Werke.
Der Hauptveranstaltungsort des Festivals war das historische Michigan Theater, ein Kinopalast erbaut in den 1920er Jahren, mit historischer Orgel, die vor fast jedem Programm in einer Art Vorprogramm gespielt wurde. Das Kino hat zwei Screening Orte: einen Hauptsaal mit 1700 Sitzen und einen kleiner Kinosaal mit 200 Plätzen. Die Programme liefen oft parallel, so dass sich zwischen Wettbewerb und Rahmenprogramm entscheiden musste. Mit liebevollem Einsatz wurden alle Formate gezeigt, die von heutigen Filmkünstlern noch (oder bereits) verwendet werden: von Super 8, 16mm, 35mm, über DV, HD, und DCP - es war alles dabei, und alles sah sehr gut aus. Die Vorführer und ihre Koordinatoren sorgten für einwandfreie Projektionen.
Das Festival ist in der kleinen und gemütlichen (ehemaligen Hippiestadt) Ann Arbor ein besonderes Ereignis. Das merkt man auf vielerlei Ebenen, erfreulicher Weise aber vor allem an dem für viele Veranstaltungen fast ausverkauftem Kinosaal. Verblüffend vor allem, weil man hier nicht das Gefühl hat, dass das Publikum hauptsächlich aus Fachleuten besteht, sondern tatsächlich sehr viele Anwohner zu den Screenings kommen. Das Festival scheint fest in der lokalen Community eingebettet zu sein. Die Filmemacher werden bei Gastfamilien untergebracht, ich selbst wohnte in einer leerstehenden, möblierten Studentenwohnung. Die Organisation -- die ohne die Vielzahl an Freiwilligen nicht möglich gewesen wäre -- war einwandfrei. Die Kataloge und DVDs der AG Kurzfilm und German Films wurden freudig entgegengenommen und die Flyer und Werbepostkarten verschwanden schnell von ihren Auslegeorten.
Das Fachpublikum, das sich hier versammelt, ist hauptsächlich nordamerikanisch. Kuratoren, Kritiker, Filmwissenschaftler, Kinobetreiber und natürlich Cineasten reisen aus allen Ecken der USA und Kanada an. Eine sehr gute Gelegenheit, persönliche Kontakte zu knüpfen, denn es herrscht eine ausgelassene und sehr freundliche Stimmung. Jeden Abend gibt es an unterschiedlichen Orten Parties, und jede Nacht sorgt das Festival zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens für kostenlosen Taxidienst.
Mein Screening, das am 29.3.2014 um 21:30 in Wettbewerb 10 stattfand, lief sehr gut. Ich war leider erkältet (Achtung, künftige Besucher: offenbar erkälten sich hier viele Filmemacher, es kann sehr windig und dadurch sehr viel kälter sein als die Temperaturen es vorgeben!) und erlebte alles durch einen leicht vernebelten Erkältungsschleier. Umso schöner waren jedoch die unterschiedlichen positiven Resonanzen zu meinem Film. Ein Herr mit langem weißen Hippiebart raunte mir zu, dass er das Festival seit 40 Jahren besuche, und dass mein Film das Beste gewesen wäre, dass er in seiner langen Festivalgeschichte je erlebt habe.
http://aafilmfest.org