International Student Film and Video Festival of Beijing Film Academy 2017
Am 21.10.2017 war es mir möglich, durch die Unterstützung der AG Kurzfilm und German Films als auch durch einen weiteren finanziellen Zuschuss der Beijing Film Academy mit meinem Masterabschlussfilm „WE TAKE YOU“ der Hamburg Media School, das 16th Internationale Student Film and Video Festival in der Hauptstadt Chinas zu besuchen.
Bereits Anfang September erfuhr ich, dass der Film im Wettbewerb des Festivals laufen wird. Diese frühzeitige Ankündigung erwies sich als sehr hilfreich bei der Planung, da beispielweise ein Visum für die Einreise nach China, als auch ein gültiger Reisepass benötigt wird. Der Kontakt zu den Festivalorganisatoren war bereits im Vorfeld äußerst professionell. Ich musste nie lange auf Antwort warten und wurde mit allen notwendigen Informationen umfangreich versorgt. Bei Abflug in Hamburg, wusste ich bereits, wie ich vom Flughafen zum Campus gelangte, was eine Taxifahrt kosten darf, wer mich am Campuseinang abholen und in die Unterkunft bringen wird, dass ein Frühstück auf mich warten würde und wann mein Film in der kommenden Woche laufen wird. Neben den für chinesische Studenten-Verhältnisse sehr komfortablen Zweibettzimmern für internationale Studenten bekamen wir bei der Ankunft zudem noch eine elektronische Mensakarte an die Hand, die ein Guthaben von umgerechnet ca. 30€ fasste (Mittagessen kostete ca. 2€).
Nach kurzer Zeit des Verschnaufens von der von ca. 18h Anreise folgte am ersten Abend die Opening Zeremonie. Eine solch gigantische Eröffnungsfeier hätte ich bei einem Studentenfilmfest absolut nicht erwartet. Die Schlange an Besuchern schien endlos, eine große Fotowand wartete auf uns, der roter Teppich wurde ausgerollt und man „durfte“ in gefühlte 100 Kameras lächeln, bis man seinen Sitzplatz im Kinosaal zugewiesen bekam.
Das Festival fasste knapp 90 Kurzfilme. Viele der Filme stammten aus dem chinesischen und koreanischen Raum. Der Rest der Filme kam aus aller Welt und zeigte eine sehr bunte Mischung aus verschiedensten Filmstilen. Die Blöcke wurden in vorrangig chinesisch und international geteilt. Sowohl inhaltlich als und in der Umsetzung unterschieden sich die einzelnen Filme sehr stark voneinander. Neben Realfilm gab es auch einige herausragende 2D, 3D und Stopp Motion Filme zu bestaunen. Die Länge der Filme variierte von 3 bis 30min. Mal in Farbe, mal in schwarz-weiß. Mal mit Dialog und Musik, mal fast völlig stumm. Mal sehr klassisch in der Erzählstruktur, mal sehr experimentell. Das Festival zeigte in einer Woche eine unglaubliche Bandbreite an Bewegtbild, die mich persönlich sehr beeindruckte. Ich würde sogar so weit gehen und sagen dass ich von nur wenigen Festivals mit einer so hohen Qualität an Kurzfilmen weiß.
Ein Kurzfilmblock fasste meist 6-8 Filme, wobei es eine Unterbrechung nach den ersten 4-5 gab. Jene, bei denen die Filmemacher auch anwesend waren und zum Q&A auf die Bühne gebeten wurde. Nach kurzer Vorstellung eines jeden Filmemachers, gingen meist ca. 2-4 Fragen vom fast ausschließlich chinesischen Publikum an die Regisseure. Alles wurde stets auf Chinesisch und Englisch übermittelt. Hier sei noch zu erwähnen, dass das Kino (ein eigenes riesiges Kino auf dem Campus) meist sehr voll war und dem Publikum häufig interessierte Fragen zu den Filmen auf der Zunge brannte. Das Publikum fasst jedoch leider wenige Fachbesucher und Produzenten. Es geht der ausrichtenden Academy viel mehr um den Austausch junger Filmschaffender untereinander.
Neben mir gab es ca. 30 weitere internationale junge Filmemacher aus aller Welt, die das Festival besuchten. Das Festival lädt für gewöhnlich nur Regisseure zum Festival ein. Sind diese jedoch verhindert, geht die Einladung an das nächste Teammitglied. So war ich als Producerin, neben nur einer weiteren als Rumänien, eine Woche unter diversen Regisseuren/innen aus tatsächlich allen Teilen der Welt, was ich aus beruflicher aber auch aus privater Perspektive als großen Luxus empfand.
Neben dem täglichen Filmprogramm gab es zudem noch viel Weiteres, was für den internationalen Besuch organisiert wurde. So bekamen wir am ersten Tag eine Rundführung über den gesamten Campus (Schule fasst ca. 2000 Filmstudenten, die zum Großteil auch auf dem Gelände wohnen), wurden zu Einzelinterviews eingeladen oder diskutierten in kleiner Runde (in den Klassenzimmern) mit anderen Studenten über unsere Filme. Auch außerhalb des Campus wurde uns einiges geboten. So fuhren wir am dritten Tag gemeinsam in die „Verbotene Stadt“ und am fünften Tag ging es für ca. 2h Fußmarsch auf die Chinesische Mauer. Das Highlight war jedoch mit Abstand unser gemeinsames Abendessen aller intern. Filmemacher und einiger Festivalorganisatoren am vorletzten Abend.
Neben dieser gemeinsamen Ausflüge blieb noch ein wenig Zeit, um in kleinen Gruppen loszuziehen und die geschichtsträchtige Stadt zu erkunden. So besuchte ich mit meiner Zimmergenossin aus Belgien einige Hutongs, das 798 Art Distrikt, einen Street Food Market, den Panijaiyuan Market und den Temple of Heaven. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass sich unsere chinesischen Gastgeber zwar sehr darüber freuten, dass wir ihre Stadt als sehenswert empfanden und auch entdecken wollten, man sich jedoch bestenfalls immer kurz an- und abmelden sollte, wenn man den Campus verlässt oder aber wieder betritt. Es gibt verhältnismäßig viele Wachmänner und einige Sicherheitsvorkehrungen.
Mein Besuch an der Beijing Filmacademy zum 16th ISFVF war ein fantastisches Erlebnis und ich kann es nur jedem Filmemacher ans Herz legen, dieser Einladung ebenfalls nachzukommen. Da die meisten Regisseure alleine anreisten und wie ich auch zum ersten Mal Beijing besuchten, hatten fast alle die gleiche Ausgangslage, völlig fremd in einer 22. Mio Einwohnerstadt zu sein und Kontakte knüpfen zu müssen.
Meine Woche war geprägt, vom Austausch mit jungen, enthusiastischen und interessierten Filmemacher aus aller Welt. Neben Gesprächen über unsere eigene Filme, die Hochschulzeit und aktuelle Projekte, wurde auch viel mit den chinesischen Studenten und deren Situation als Filmemacher in einem kommunistischen Land gesprochen.
Die Studenten der Academy haben es uns leicht gemacht, sich willkommen und wohl zu fühlen, auch waren sie immer freundliche Ansprechpartner bei sämtlichen Fragen.
Leider habe ich die Closing Zeremonie verpasst und konnte sie lediglich über viele Videos und Bilder meiner Zimmergenossin mitverfolgen. Auch hier haben sich unsere asiatischen Kollegen mächtig ins Zeug gelegt, nicht nur den Abend zu füllen, sondern auch eine beeindruckende Show auf der Bühne abzuliefern.