International Film & Video Festival of Beijing Film Academy 2010
Bericht von Jimmy Grassiant (ETERNALSOUL.ORG)
Als erstes möchte ich mich bei German Films für den Reiskostenzuschuss bedanken, der mir die Möglichkeit gegeben hat, meinen Film Eternalsoul.org während des International Student Film and Video Festival der Beijing Film Academy vorzustellen.
7 Tage lang verwandelte sich der Campus in einen Ort filmischer Träume, an dem sich Filmemacher aus aller Welt austauschten und sich gegenseitig inspirierten. 46 Länder waren im Wettbewerb durch 88 Filme vertreten, die zwei mal im riesigen ausverkauften Saal (1000 Plätze) vorgeführt wurden. Das Festival wurde zum größten Teil von Studenten der Beijing Film Academy organisiert, die ihre ganze Kraft in die tagtäglich durchstrukturierte Planung und in das liebevolle Betreuen der eingeladenen Filmemacher steckten. Ab und zu überraschte man hier und dort vor Erschöpfung eingeschlafene Studenten, die noch während der Festivalzeit ihre Seminare besuchen mussten. Über 50 Volunteers kümmerten sich um das Wohlbefinden der Gäste so, dass es quasi einen Volunteer pro eingeladenen Filmemacher gab.
Die Eröffnungszeremonie und die Preisverleihung waren überraschend gut und sehr professionell gestaltet. Eine chinesische Operette wurde aufgeführt und verschiedene Künstler aus Peking eingeladen, um das Publikum zu unterhalten. Anwesend waren auch einige Botschafter, Sponsoren und Leute aus der Pekinger Filmszene.
Insgesamt habe ich gefühlt, dass es ein sehr großes Interesse an den ausländischen Kurzfilmen gibt. Das chinesische Publikum war sehr neugierig, ließ sich schnell auf Filme ein, die unterhalten, jedoch weniger, wenn es darum ging, interpretativ und analytisch zu denken. So kamen des Öfteren Fragen aus dem Publikum, wonach ein gewisses Unverständnis gegenüber einigen Filmen zu erkennen war. Zu manchen chinesischen Filmen wurde die Frage gestellt, ob der /die Regisseur(in) Probleme mit der Regierung bekommen hat, denn die Filme kritisieren indirekt politische und soziale Themen Chinas, sowie die Ein-Kind-Politik, Tradition versus wirtschaftlicher Aufschwung oder politische Reibungen zwischen Malaysia und China. Auf der Bühne wollten die Filmemacher auf diese Frage nicht antworten, oder wechselten das Thema. Im Einzelgespräch nach der Vorführung konnte man endlich mehr über den Hintergrund des Films erfahren. Auch wenn es für uns Ausländer so schien (die Festivalleute gaben sich redlich Mühe), als würde dieses Festival in einem freien und unpolitischen Kontext stattfinden, war Big Brother doch ständig präsent und beeinflussend. Auch als ich ein Exemplar des German Films Pressematerials auf einem Tisch taktisch gut sichtbar ausstellen wollte, hat man es sofort verboten. Ich musste mich erst zur Festivalleitung hocharbeiten um das Material kontrollieren zu lassen, bevor eine der hierarchisch an oberster Stelle leitenden Personen des Festivals, eine Professorin, es angenommen hat. Man muss wissen, dass es bei dieser Veranstaltung außer den offiziellen Festivalflyern und Plakaten kein anderes Werbematerial gab. Keine Filmplakate, keine Postkarten, keine Flyer, keinen Ort, an dem man Werbematerial ausstellen konnte.
Die Beijing Film Academy hat im Jahr 2010 ihr 60. Bestehen gefeiert. Man sagt, sie sei die beste Filmhochschule Asiens. 2000 Studenten teilen sich den Campus und verfügen über modernste Technik und Ausstattung, um kreativ zu arbeiten. Eine Führung durch die Schule ermöglichte uns einen Einblick in verschiedene Departments und in die voll ausgestattete und bestimmt kostenintensive 3D «Werkstatt», in der die Studenten sogar an Videospielen arbeiten. Ich habe die Beijing Film Academy als eine eher technisch orientierte Schule empfunden und dies überträgt sich auch auf die Studenten. Vor den Screenings hat man sich meistens in einer der zwei hervorragenden Mensen getroffen, in denen man auch mit anderen Studenten ins Gespräch kommen konnte und für umgerechnet 90 Cent speisen konnte. Für die Versorgung der Studenten auf dem Campus bezahlte die Festivalleitung ca. 20 Euro. Interessant war auch der Kontakt zu ausländischen Studenten, die in der Film Academy mehrere Jahre studieren oder ein Auslandsjahr absolvieren und durch die man an die verrücktesten Plätze der Nachtszene gelangen konnte. Durch den „Großstadtjungel“ hat man dann am frühen Morgen kaum nach Hause gefunden. Wenn man dann angekommen war, konnte man sich auf ein schönes Zimmer mit Kühlschrank, Fernsehen, Safe und täglicher Reinigung freuen. Ich muss sagen, dass ich mich bei dieser komfortablen Unterkunft teilweise unwohl gefühlt habe, da sich unsere chinesischen Kollegen zu 4 oder zu 6 in einem Zimmer einquartieren mussten. Schade war auch, dass wir nicht in unseren Zimmern zusammen kommen konnten.. Der kulturelle Austausch hat auch hier seine Grenzen.
Als Freizeitgestaltung wurden zwei Ausflüge zur „Verbotenen Stadt“ und zur „Chinesischen Mauer“ organisiert. Zudem fand eine «Konferenz» statt, in der sich Professoren aus verschiedenen Ländern über die Ausbildung an Filmhochschulen austauschten. Leider fanden keine Workshops, Masterclasses oder weitere Konferenzen in der gut überschaubaren Festivalwoche statt.
Unter ausländischen Gästen konnte man sich problemlos auf Englisch unterhalten jedoch war es zum Teil schwieriger sich mit chinesischen Studenten auszutauschen, denn nur wenige konnten genügend Englisch sprechen.
Durch einige interessante Bekanntschaften in der jungen Pekinger Filmszene wurde ich sogar zu einer privaten Premierenfeier eingeladen und habe Studenten der zweiten erfolgreichen und künstlerischen Pekinger Filmhochschule Central Academy of Drama kennengelernt. Anwesend waren auch zwei Professoren, die dem Drehbuch- Zensurkomitee Chinas angehörten und sich mit den jungen Leuten prächtig amüsierten.
Ich kann jedem nur empfehlen zu diesem Festival zu reisen und auch diese Stadt voller Widersprüche einmal zu erleben. Im Festival lohnt es sich bei jedem Screening dabei zu sein, so unterschiedlich sind die Filme und deren Filmemacher. Von Dokumentarfilme durch Animationsfilme bis experimentalfilme aus aller Welt begibt man sich auf eine unvergessliche Reise. Für mich war es das erste Mal in China und es wird nicht das letzte Mal sein, dank der interessanten Kontakte, die während diesen 7 Tagen entstanden sind.
Vielen Dank German Films!