Architecture Film Festival Rotterdam (AFFR) Rotterdam 2021
Nachdem die deutsche Luftwaffe 1940 mit ihrem unrühmlichen Flächenbombardement fast die gesamte Altstadt Rotterdams zerstört hatte, wurden von den Niederländern nur wenige Gebäude im alten Stil wieder aufgebaut. Das Gebiet der ehemaligen Altstadt sowie des Hafens entwickelte sich nach dem Krieg zu einem Spielfeld moderner Architektur und Stadtplanung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Rotterdam der Ort für dieses einzigartige Architekturfilmfestival ist. Hier kann man, nicht nur im Kino, sondern auch ganz real im Stadtraum über Architektur staunen und nachdenken.
Vom Hauptbahnhof aus fahre ich mit meinem Klapprad durch das Gebiet der ehemaligen Altstadt zum AFFR Festival. Auf dem Weg komme ich an einer Reihe besonderer Gebäude vorbei wie der Markthal, den Kubuswoningen und der Laurenskerk. Über die
Erasmusbrug geht es zum Wilhelminapier, auf dem sich das Festivalzentrum in dem Kinocenter „Laternavenster“ befindet. Am Eingang zum Kino muss man durch eine strenge Coronakontrolle.
In Deutschland gibt es bisher kein vergleichbares Filmfestival, das sich so intensiv dem Thema Architektur und Stadt widmet. In Rotterdam schließt die Filmauswahl neben dokumentarischen auch inszenierte und experimentelle Filme aller Längen ein.
Beim AFFR Festival gibt es keinen Wettbewerb. Hier bemüht man sich, die Filme möglichst gut zu präsentieren. Dazu zählt eine passende inhaltliche Zusammenstellung der Filme sowie bei einigen Programmen auch eine kunsttheoretische Einführung. Wichtig sind dann auch die Gespräche, die mit den Filmemachern, den Festivalmachern und dem Publikum vor Ort oder per online zugeschaltet direkt nach der Vorführung im Kino stattfinden. Hier erfährt man wirklich viel über die Hintergründe zu den Filmen.
Es ist wunderbar für mich nach fast zweijähriger Festivalpause wieder vor großer Leinwand mit perfekt vorgeführten Bild und Ton zu sitzen. Draußen am Pier legen derweil riesige Kreuzfahrtschiffe an und ab. Auf der Terrasse vor dem „Laternavenster“ komme ich mit den anderen Filmemachern und Leuten aus dem Publikum ins Gespäch.
Das Motto des Festivals „More than Houses“ passt auch insbesondere zu meinem Film. Ich habe das Glück, dass mein Film „Memory Berliner Zimmer“ in gleich drei Vorführungen präsentiert wird. Die erste ist in einem internationalen Kurzfilmprogramm um 13 Uhr 15, die anderen als Vorfilm vor einem langen Film am Abend. Um die Mittagszeit geht kein Mensch ins Kino - so dachte ich und werde dann überrascht vom Besucherandrang. Beim Q & A nach der Vorführung kommt es zu einem vielseitigen Gespräch darüber, wie Architektur die darin lebenden Menschen in ihrer Identität beeinflusst. Mein „Berliner Zimmer“ hat da ganz andere Prägungen als die wechselnden Wohnorte in dem argentinischen Beitrag „Here and There“ von Melissa Liebenthal.
Das AFFR ist ein Publikumsfestival. Architekten, Rotterdamer Bürger, interessierte Architekturstudenten der nahen Fakultäten aus Delft bilden eine bunte Mischung. Sind die Vorführungen am Vormittag gut besucht, so werden sie am Nachmittag und Abend total überfüllt. Das Sitzen in proppevollen Kinos fühlt sich für Pandemie-Verhältnisse etwas merkwürdig an.
Im Programm kann ich für mich viele interessante Filme entdecken wie den kanadischen Beitrag „Toronto hides itself“, der die Geheimnisse von Torontos Architektur als Ersatzfilmkulisse für New York aufdeckt. Oder der italienische Beitrag „Venice Elsewhere“, der die gebaute Sehnsucht nach Venedig an vielen europäischen Orten nachspürt. Herausragend ist für mich der niederländische Film „Max Risselda – Life, Works and 12 Buildings“, eine architektonische Weltreise des Architekten und Architekturvermittlers Risselda zu 12 besonderen Gebäuden. Neben den Filmen gibt es auch noch spannende Workshops, Vorträge zum Thema Architektur und Film, die ich leider aus Zeitgründen nicht besuchen kann.
Ich bedaure, dass ich nicht noch zwei Tage länger bleiben kann und dass ich nicht schon viel eher das Festival besucht habe. Ich kann ich es jedem empfehlen, der seinen Film in fachlich interessanter Atmosphäre präsentieren und sich vor Ort darüber austauschen möchte.
https://www.affr.nl/en