Toronto International Film Festival 2009
Bericht von Ute Aurand (KOPFÜBER IM GEÄST)
11.9. Flug Berlin-Frankfurt-Toronto
Ankunft um 17 Uhr, Festival-Shuttle bringt mich ins Kino in der Jackman Hall, wo alle 6 Wavelengths-Programme gezeigt werden, kuratiert von Andrea Picard. Leider zu spät - sehe ich nur die letzten 3 Minuten von Heinz Emigholz' Film ZWEI PROJEKTE VON FRIEDRICH KIESLER. Es folgen in diesem 1. Wavelengths-Programm 6 kurze Filme und Videos. Ich lege meine mitgebrachten Postkarten und Poster aus.
Nach der Vorführung sind die anwesenden Filmemacher und andere Gäste des Wavelengths-Programms zum Dinner eingeladen. Chris Kennedy (Toronto), Susan Oxtoby (Leiterin des Pacific Film Archive in San Francisco), Friedel vom Gröller (Österreich), Ben Russel (USA), Mr. Stortz (Wexner Center, Columbus) sitzen mit mir am Tisch. (Susan Oxtoby hat mich zusammen mit der Cinematheque SF im Oktober/November nach San Francisco eingeladen, das Goethe-Institut und German Films unterstützen meine Reise.)
Ich wohne im Days Hotel.
Die Reihe "Wavelengths" wurde 2001 von Susan Oxtoby gegründet mit der Idee "Avantgarde"-Filme innerhalb des Toronto Film Festivals zu etablieren. Seit 2006 kuratiert Andrea Picard die Reihe. Das ganze Wavelengths Programm steht unter: http://www.tiff.net/filmsandschedules/programmes/wavelengths
12.9. Samstag. Abholung meiner Akkreditierung und Treffen mit Martin Scheuring am German Films-Stand. Ich sehe mir einen US-Dokumentarfilm über "Bee-keeper" an, deren Bienenvölker zu einem Drittel verschwunden sind: Die Bienen verlassen den "Korb", niemand weiß warum und wohin sie gehen. Später sehe ich WOMEN WITHOUT MEN von Shirin Neshat. Das Kino ist voll, ungefähr 70% Frauen.
Um 18:30 Wavelengths2 mit 5 schönen kurzen Filmen, um 21 Uhr Ben Russels 135 Minuten Film LET EACH ONE GO WHERE HE MAY. Überwältigt von Müdigkeit verlasse ich nach 60 Minuten das Kino zusammen mit zwei jungen Zuschauern, die neben mir saßen. Die junge Frau ist außer sich und beginnt mit mir eine Diskussion über die Filme im Wavelengths Programm. Zwei Stunden stehen wir auf der Straßen und sprechen über Avantgarde-Film und den Unterschied zum narrativen Kino. Sie ist filmbegeistert und findet die Filmemacher des Wavelengths-Programms egoistisch ... Es macht Spaß mit ihr und ihrem Freund zu sprechen. Ich lade sie zu meiner Vorführung am Montag ein. Sie studiert in Toronto Medizin, geboren ist sie in Albanien, ihr Freund in Hong Kong. Sie begleiten mich zum Hotel. Diese Art von Gespräch kann im Kino nicht stattfinden. Ich freue mich über den Mut der jungen Frau einfach das Gespräch angefangen zu haben ...
13.9. Sonntag. Zu Fuß zum Filmemacher-Frühstück ins Windsor Hotel. Die Festivalleitung lädt alle anwesenden FilmemacherInnen zum Frühstück ein, wir sitzen zu acht an großen runden Tischen, machen uns gegenseitig bekannt, tauschen Adressen und erzählen über unsere Filme. Viele junge Gesichter. Neben mir eine junge Inderin, die vor 10 Jahren alleine nach Toronto kam, um ihr Klavierstudium fortzusetzen, jetzt hat sie ihren ersten Kurzfilm fertig und wird nach Leipzig zum Festival reisen. Eine alte Dame, Suzana Amaral, Filmregisseurin aus Brasilien, deren Film im Hauptprogramm läuft, spricht begeistert über Faßbinder, vor jeden neuen Dreharbeiten sieht sie sich Faßbinder-Filme an ... Ich erzähle ihr, dass der Brasilianer Glauber Rocha für mich sehr wichtig war ... Der weibliche Anteil bei diesem Filmemacher Frühstück war höchstens ein Viertel ...
Lunch mit Ben Russel (Chicago) und Chris Kennedy (Toronto), beide hatten Filme in Wavelengths, danach schaue ich einen US-amerikanischen Dokumentarfilm über Alfred Barnes und seine Kunstsammlung außerhalb von Philadelphia an.
16 Uhr Wavelengths3: Harun Farockis neuer Film ZUM VERGLEICH über die Herstellung von Backsteinen in Indien, Afrika, Deutschland und der Schweiz. Stimmen des Lobes und gleichgültige Stimmen vernehme ich nach der Vorführung. Es ist kein "klassischer" Avantgarde-Film, Andrea Picard hat das Spektrum weiter gefaßt.
18:30 Wavelengths4: 5 kurze Filme, eine Mischung amerikanischer und europäischer Avantgarde.
14.9. Montag. Frühstück mit der New Yorker Filmemacherin Coleen Fitzgibbon, die eine restaurierte Fassung ihres Films von 1974 im Wavelengths-Programm zeigt. Wir sehen uns zusammen einen iranischen Film einer iranischer Filmemacherin an, eine traurige Liebesgeschichte, die auf dem Land beginnt ...
Stadtspaziergang vom Hotel aus in östlicher Richtung. Homeless People-Essensausgabe auf der Straße.
21 Uhr Wavelengths 5: 5 kurze Filme. KOPFÜBER IM GEÄST ist der erste Film im Programm. Friedel vom Gröller, Jim Jennings, Coleen Fitzgibbon, Sebastian Henrickson und ich sind alle anwesend zur Q&A.
Abschlußcocktailparty von Wavelengths, viele Gespräche auf der Terasse am runden Tisch ... Adressenaustausch ... um 2 Uhr nach Hause ... Koffer packen ...
15.9. Dienstag. Kaffee und Verabschiedung von Friedel von Gröller, zusammen mit den amerikanischen Filmemacherinnen Coleen Fitzgibbon und Sandra Gibbson fahre ich im Festival-Shuttle zum Flughafen ...
Abflug um 11:30.
www.tiff.net