Bericht von Vika Kirchenbauer (THE MULTITUDE IS FEVERISH)
Das Busan International Short Film Festival feiert mit der Auflage 2010 sein 30-jähriges Jubiläum. Das ist nicht ganz richtig, denn nachdem das Festival 1980 als Korean Short Film Festival gegründet wurde und 2000 zum Asian Short Film Festival erweitert wurde, ist 2010 eigentlich das allererste International Short Film Festival in Busan.
Das Festival an sich ist extrem gut organisiert. Dem Organisations-Team stehen während des Festivals circa 80 freiwillige HelferInnen zur Seite. Haeundae, der Stadtteil von Busan, an dem das Festival stattfindet, wird als Miami Beach Koreas bezeichnet. Riesige Hochhäuser und Hotelanlagen säumen das Ufer . Die FilmemacherInnen sind in einem “Love Motel” gleich neben dem glamorösen Grand Hotel untergebracht. Junge Pärchen, die beide noch bei ihren Eltern wohnen, gehen hier für ein paar ungestörte Stunden hin, und natürlich Sexarbeiterinnen bestreiten hier ihren Unterhalt.
Die Eröffnungszeremonie im Grand Hotel ist sowas von over the top, dass ich mich kaum halten kann. Als ich am Tag zuvor vom Flughafen abgeholt wurde, wurde mir eindringlichst klargemacht, dass ich mich schick anziehen soll, bloß nicht casual. Meine Möglichkeiten in diese Richtung sind auch nach mehrmaligem Durchsuchen meines kleinen Gepäckstückes sehr begrenzt. In einer Herbstjacke, deren Knopfleiste ich zumindest als bedingt modisch einordnen kann, erscheine ich im Grand Hotel.
Ich bin überrascht, als ich plötzlich durch ein Spalier von Freiwilligen und Pressefotografen über den Roten Teppich laufen muss. Im Gala-Raum wird mir zudem noch bewusst, dass auf zwei Riesenleinwänden das Geschehnis auf dem roten Teppich in die Zeremoniestätte übertragen wird. Eine Ansagerin kündigt dazu die Namen der Angekommenen an.
Zur Eröffnungszeremonie teilen sich verschiedene K-Pop-Stars die Bühne, die Incu Stars (TeilnehmerInnen des SchauspielerInnen-Wettbewerb des Festivals) dürfen je einmal den Catwalk betreten, während alle denkbaren RednerInnen sich die Zeit im Rampenlicht nicht nehmen lassen. Darunter auch der Leiter der schönheitschirurgischen Klinik von Busan, der zudem in der Jury des Incu Start Wettberbes sitzt. Das finde ich sehr absurd.
Das Interesse an den Katalogen von German Films ist bei den angereisten Kurator*innen sehr groß.
Die Vorführungen meines Films laufen sehr gut. Es gibt am Thema viel Interesse, weshalb ich einige Interviews geben muss. Neben Kim Joe Young Hyun’s Film WHOEVER YOU ARE ist THE MULTITUDE IS FEVERISH, der einzige queere Film im Festival. Eine Reporterin fragt zum Beispiel, warum zwei Filme im Programm vertreten seien, die sich mit transgender geschäftigen, wobei dies doch in Korea gar kein relevantes Thema sei.
Allgemein wird mir der repressive Umgang mit LBGT-Themen klar. Auch unter gleichaltrigen, bzw. jungen Menschen outen sich nicht viele der queeren FilmemacherInnen, was ich persönlich sehr traurig finde. Vor allem mit Kim Joe Young Hyun unterhalte ich mich deshalb über queer activism in Korea bzw. feministische Perspektiven auf eine extrem patriarchalische Gesellschaft.
Dass ich unter diesen Umständen viele postive Rückmeldungen bekomme und zudem einen Preis gewinne, macht mich sehr glücklich. Auch die Zeit mit den anderen internationalen und nationalen FilmemacherInnen sowie den Freiwilligen ist sehr besonders. Ich habe selten eine ähnlich harmonische und entspannte Stimmung bei einem Festival erlebt.
Das Festival wird mit sehr viel Aufwand und auch Geld betrieben. Neben dem großen Pusan International Film Festival scheint sich hier auch ein Kurzfilmfestival von Weltrang etablieren zu wollen. Die Chancen hierzu stehen meiner Einschätzung nach recht gut. Nichtzuletzt aufgrund der überwiegend herausragenden Qualität des Programmes.
www.bisff.org