Ottawa International Animation Festival 2011
Bericht von David Buob (DAS HAUS)
Zum Ottawa International Animation Festival muss ich wohl keine generellen Erläuterungen liefern, da dieses Festival als eines der weltweit wichtigsten Animationsfilmfestivals unter Trickfilmern wohl allen bekannt sein dürfte. Dieses Jahr wurden von 2005 Einsendungen aus 75 Ländern ganze 96 Kurzfilme und 4 Langfilme für den Wettbewerb ausgewählt und darunter auch mein Film DAS HAUS. Das war für mich natürlich eine sehr große Überraschung und auch ein gewisser Erfolg, was mich dann auch bewog nach Kanada zum Festival zu fliegen.
Die Reise hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich konnte in ein paar Tagen komplett in die große Welt der Animation eintauchen, sehr viele internationale Bekanntschaften knüpfen, Regisseure aus den unterschiedlichsten Ländern wie Kanada, den USA, Japan, Finnland, Frankreich, den Niederlanden und vielen mehr kennenlernen, viele Masterclasses besuchen, Parties feiern und natürlich unzählige Filme in Wettbewerbs- und Rahmenprogrammen sehen. Eigentlich müsste man nach dem Festival noch ein paar Tage Aufenthalt in Kanada vielleicht in Toronto und Montreal einplanen, um all die Eindrücke verdauen zu können, doch leider wollte ich gleich weiter auf das Krok Festival in der Ukraine, aber dazu mehr in meinem Bericht über das Krok International Animated Film Festival.
Das Festival ist sehr gut organisiert und man wird sehr freundlich an einem eigenen Festival Stand auf dem Flughafen empfangen und mit einem Shuttle zum Hotel gebracht. Genauso wird für einen reibungslosen Transfer zum Abflug gesorgt. In der Stadt kann man sich eigentlich meist zu Fuß zwischen den einzelnen Festivalstandorten und Kinos bewegen, da das Zentrum von Ottawa, obwohl es die Hauptstadt von einem riesigen Land ist, recht überschaubar anmutet. Aber es gibt auch Shuttlebusse, um eine nächste Veranstaltung an einem anderen Ort zu erreichen. Das Hotelzimmer war super, eher ein Apartment mit Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Balkon, das man sich mit einem weitern Gast teilen kann, wobei ich meinen Mitbewohner Mark Nute vom Film MARVIN leider erst in der letzten Nacht kennengelernt habe. Außerdem bleibt einem während des Festivals nicht wirklich viel Zeit, das Hotel zu genießen. Aber die Küche bietet zumindest die Möglichkeit einen Kaffee zu kochen, da das Frühstück nicht inklusive ist, oder ein paar Getränke kalt zu stellen, wenn es wieder eine spontane Hotelzimmer Party von verrückten LA Animationsfilmern gibt, wie es in meiner letzten Nacht der Fall war.
Frühstück gab es sowieso im Festivalzentrum im Arts Court, was die bessere Variante ist, um all die Filmemacher zu treffen und dann am anschließenden "Meet the Filmmakers" teilzunehmen, einer lockeren aber sehr informativen Q&A Runde (während der Screenings gab es keine Q&A, man konnte kurz aufstehen und in die dunkle Zuschauermenge winken), die immer sehr gut besucht war und auch durch die rege Fragewut der Kanadier und US-amerikanischen Studenten auffiel. Mich überraschte besonders, dass das Festival einen großen Besucherkreis von Trickfilmstudenten aufweist, und dass die meisten Kinogäste akkreditiert mit einem Festivalpass ausgestattet waren, hauptsächlich Klassenfahrten mit den Professoren aus unterschiedlichen Universitäten Kanadas, dem Norden der USA, aber auch aus LA.
Das Festival bietet neben dem, meiner Meinung nach, sehr gut zusammengestellten Wettbewerbsprogramm auch viele Rahmenprogramme und Masterclasses von internationalen Gästen. So konnte ich eine sehr interessante Retrospektive von Mati Kütt aus Estland, einem Jurymitglied, sehen und an Masterclasses von Koji Yamamura, der mit seinem neuen Film MUYBRIDGE's STRINGS im Wettbewerb vertreten war, Aaron Augenblick, einem weiteren Jurymitglied, und Gil Alkabetz, der natürlich in Deutschland bekannt ist, für mich aber in Ottawa eine große Inspiration war, teilnehmen. Zu den Wettbewerbsfilmen kann ich die vorherigen Berichte bestätigen, dass es eine sehr eigenwillige klassische Animation bevorzugende, aber für mich sehr interessante Auswahl ist. Sie weist keine wirklichen CGI 3D Animationen - zumindest nicht im narrativen und experimentalen Wettbewerb - vor, außer meinem Film und dem eines Kollegen aus Finnland SYNTYMÄPÄIVÄ von Jari Vaara, die beide eine Mischform klassisch handgezeichneter Animation mit 3D Animationssoftware kombinieren. In anderen Kategorien wie etwa in TV for Kids ist das anders, wo DAS BILD DER PRINZESSIN von Johannes Weiland & Klaus Morschheuser auch einen Preis gewinnen konnte. Ich persönlich war sehr beeindruckt von dem neuen Werk ROMANCE von Georges Schwizgebel und dem Film MOXIE dem Grand Prize Winner von Stephen Irwin. Weniger Verständnis hatte ich für den Preis des Best Narrative Short BLANCE FRAISE von Frédérick Tremblay aus Kanada, aber so ist nun mal die unergründliche Logik der Festivaljury.
Auch wenn das Festival anfangs etwas an der Kreativität der Partyorganisation zweifeln lässt, wie einer Opening Party im Hard Rock Cafe von Ottawa, oder später zur Party im Ritual Nightclub einlädt, ist doch dazwischen das legendäre Animators Picnic mit dem Pumpkin Carving Contest ein absolutes Erlebnis, nicht nur wegen der unglaublichen Kürbiskreationen, sondern vor allem wegen der sehr entspannten Atmosphäre Filmemacher aus aller Welt bei einem Bier im Park zu treffen und sehr interessante Gespräche zu führen.
Ich kann jedem nur empfehlen, nach Ottawa zum Festival zu fliegen. Das ist auf jeden Fall ein großes Erlebnis und ermöglicht auch viele wichtige Kontakte. Wenn man sich allerdings zwischen Ottawa und Krok entscheiden müsste, so wie ich es beinahe machen musste (trotz Überschneidung gelang es mir an beiden Festivals teilzunehmen), dann würde ich mich ganz persönlich für letzteres entscheiden. Ottawa ist vermutlich das bedeutendere Festival, wenn es um die Karriere geht, Krok ist aber ein einzigartiges Festival, mit keinem anderen zu vergleichen.
www.animationfestival.ca