Annie Awards 2014
Die Annie Awards in Hollywood Los Angeles sind so etwas wie der „Oscar“ der Animationsbranche.
Um so unfassbarer war es für mich, als ich eine Nachricht in meinem E-Mail Postfach hatte, die mir mitteilte, dass mein Abschlussfilm WEDDING CAKE, mit dem ich im Sommer 2013 an der Filmakademie Baden-Württemberg mein Diplom im Bereich Animation gemacht habe, in der Kategorie „Best Student Film“ nominiert war.
Sofort kam in mir der starke Wunsch auf, selbst vor Ort zu sein, und an der Veranstaltung selbst teil zu nehmen. Wie oft im Leben hat man schon die Chance dazu mit einem eigenen Film bei den Annie Awards nominiert zu sein? DIE Annie Awards! Das große Event, das Jeder in der Animationsbranche jedes Jahr gespannt verfolgt, das Event, bei dem die großen Firmen, wie Walt Disney, Dreamworks, Sony, Blue Sky und alle anderen regelmäßig für ihre großartigen Filme ausgezeichnet werden. Das Event, bei denen viele Größen der Animationswelt persönlich anwesend seien werden. Wo viele meiner Los Angeles Freunde anwesend sein würden, die ich im Laufe der Jahre auf verschiedenen Konferenzen und Festivals kennen gelernt habe. Es wäre etwas, was ich mein ganzes Leben bereuen würde, würde ich nicht hinfahren.
Leider schwang ein bedrückendes Gefühl bei dem Gedanken mit, zu den Annie Awards zu fahren. Wusste ich doch, dass es sehr kostspielig sein würde, und ich mir die Reise momentan selbst nicht leisten könnte. Zwar hatte ich nach Abschluss des Studiums im Sommer 2013 das Glück, einen Job bei der französischen Firma Illumination MacGuff als Junior Animator zu bekommen, aber durch mein Einstiegsgehalt, und die Tatsache, dass der Umzug, der einiges an Geld geschluckt hatte, noch ganz frisch zurücklag, wusste ich, dass momentan ohne Unterstützung eine Reise nach LA nicht möglich wäre.
Da weder das Festival noch meine Filmschule etwas zu den Reisekosten beisteuern konnten, sah es für mich eine Zeit lang so aus, also würde mein Traum platzen, und ich könnte selbst nicht dabei sein. Dann erfuhr ich von einem Freund, dass „German Films“ in solchen Fällen die Möglichkeit haben, deutsche Filmemacher zu unterstützen. Neuen Mutes kontaktierte ich die netten Damen und Herren bei German Films und der AG Kurzfilm, und konnte mein Glück kaum fassen, als sie mir eine finanzielle Unterstützung meiner Reisekosten bestätigen konnten!
Voller Euphorie buchte ich einen Flug, und kontaktierte meine Freunde in Los Angeles. Eine Freundin bot mir sogar einen Platz zum Schlafen in ihrer Wohnung in West Hollywood, ganz in der Nähe der Preisverleihung an.
Schon Nächte vor dem Abflug konnte ich vor Aufregung kaum schlafen, all meine Kollegen wünschten mir viel Glück, und einige sicherten mir sogar zu, den Live Stram, der um 4 Uhr nachts Pariser Ortszeit laufen würde, an zu sehen. Als ich endlich in LA gelandet war, in der kalifornischen Sonne und zwischen hohen Palmen, wurde ich mir erst ganz bewusst, dass ich tatsächlich zu den Annie Awards gehen würde.
Die Awards fanden Samstag Abend statt. Meine Freundin, bei der ich unterkommen konnte, und ich hübschten uns gemäß der Vorgabe der Veranstaltung „after five“ auf, und fuhren mit dem Taxi zur UCLA Royce Hall, wo die Verleihung stattfinden sollte. Am Eingang holte man sich die Bändchen für die Veranstaltung, und dort konnte ich auch die DVDs, die mir German Films und die AG Kurzfilm mitgegeben hatte, an die Veranstalter übergeben, und die Kataloge auslegen.
Dann ging es über den roten Teppich. Ich fühlte mich fast wie ein Hollywood-Sternchen In Interviews wurde ich über den Film befragt, fotografiert und gefilmt.
Auf der Reception-Party, bei der man mit leckeren Häppchen und alkoholischen Getränken versorgt wurde, lernte ich dann viele neue Leute kennen, und traf alte Freunde wieder. Unter anderem freute ich mich sehr meinen Dozenten der Filmakademie, Andreas Hykade, anzutreffen, der das Projekt WEDDING CAKE betreut hatte.
Einige Zeit später startete die Preisverleihung und jeder suchte sich gemäß seines Tickets seinen Platz in der großen, eindrucksvollen Royce Hall. Unsere Plätze waren relativ weit hinten, aber auf einer großen Leinwand auf der Bühne wurde in Großaufnahme live alles mit gefilmt, so dass wir gut sehen konnten was auf der Bühne vonstatten ging. Besonders aufgeregt machte mich die Tatsache, dass mein Freund, meine Familie und einige meiner Kollegen gerade Nachts vor ihrem Computer den Live Stream mitverfolgten, und mit mir mitfieberten.
Und dann ging es los. Der Preis in der ersten Kategorie wurde verliehen von Cloris Leachman, einer bekannten US Schauspielerin, und Tom Kenny, Synchronsprecher von Spongebob Schwammkopf (er selbst gewann später einen Annie Award für seine Synchronarbeit in Disneys Film Frozen, bei dem er dem Schneemann Olaf seine Stimme schenkte).
Die erste Kategorie war „Best Student Film“. Ich war nicht vorbereitet darauf, dass unsere Kategorie gleich zu Anfang genannt werden würde, aber komischerweise war ich auch gar nicht aufgeregt. In meiner Kategorie waren außer uns noch 7 Filme nominiert und mit einem Gewinn rechnete ich nicht. Für mich war die Tatsache, nominiert zu sein, schon so gigantisch; ich dachte, gewinnen würde ich eh nicht, aber dass mir die Nominierung die Chance gab, bei dem Festival selbst dabei zu sein, neue Leute zu kennen zu lernen, alte Freunde zu treffen und Freisekt zu schlürfen, würde ich doch nach 2 einhalb Jahren harter Arbeit an meinem Film dankend annehmen und auskosten.
Dann jedoch öffnete Cloris Leachman den Gewinnerumschlag und las mit einigen Ausspracheschwierigkeiten den Namen meiner Schule „Filmakademie Baden-Württemberg“ vor, gefolgt des Namen des Gewinnerfilms: WEDDING CAKE. An die folgenden Minuten erinnere ich mich nur noch schemenhaft. Ich weiß noch, ich stieß einen lauten Schrei aus, ungewollt ganz à la Hollywood Cliché. Dann rannte ich zur Bühne, die durch die Größe der Royce Hall doch recht weit von meinem Sitzplatz entfernt war. Auf dem Weg dorthin konnte ich aus irgendeinem unerfindlichen Grund nur „Oh my god“ rufen, und erspähte auf meinem Sprint zur Bühne die Gesichter einiger jubelnder Freunde die mir zulächelten.
Auf den Treppen zur Bühne verlor ich dann auch noch meine Schuhe. Beide. Ich wusste, ich wurde gefilmt, und konnte mich nicht einfach umdrehen, um sie mir wieder anziehen, also lief ich weiter. Angekommen auf der Bühne waren meine ersten Worte „I lost my shoes. I lost both of my shoes.“, was den Kameramann dazu veranlasste eine Großaufnahme meiner nackten Füße auf die große Leinwand zu übertragen, und den ganzen Saal in schallendes Gelächter zu versetzen. Nachdem Tom Kenny einige Cinderella Scherze gemacht hatte, Cloris Leachman sich an meinen Haaren zu schaffen machte mit den Worten „Talk fast, your hair looks good“ und mir einen Kuss auf den Mund drückte, war ich zwar perplex und barfuß, aber froh dass die Stimmung so locker und lustig war.
Dann, mit dem schweren, goldenen Annie Award in der Hand, begann ich meine Dankesrede, die ich nur am morgens unter der Dusche für einen Fall der Fälle kurz im Kopf durchgegangen bin, aber weiter nicht groß vorbereitet hatte. Ich war froh, dass genug Zeit war die meisten Namen zu nennen, die ich geplant hatte, dann, mit der Einblendung der Titelmusik von WEDDING CAKE wurde ich unter Applaus hinter die Bühne begleitet.
Dort wurden nochmal Fotos mit mir und dem Award geschossen. Backstage wartete ich auf meine Schuhe, und begrüßte die anderen Gewinner, die nach und nach hinter die Bühne kamen. Nach ca. einer halben Stunde wurden mir meine Schuhe gebracht, die der Kameramann für mich aufgepickt hatte, und ich ging zurück zu meinem Platz, um den Rest der Veranstaltung von dort aus zu verfolgen.
Großer Gewinner des Abends waren die Walt Disney Animation Studios, die mit ihrem Film FROZEN fünf Annie Awards abräumen konnten. WEDDING CAKE war einer von sehr, sehr wenigen Nicht-amerikanischen Preisträgern.
Nach der Veranstaltung, auf der After Show Party wurde ich von vielen Leuten angesprochen, die sich alle nach meinen Schuhen erkundigten, mir gratulierten und mir mitteilten, wie sympathisch sie meinen Auftritt auf der Bühne fanden. Ich lernte viele neue interessante Leute kennen, unter anderem wurde mir sogar Matt Groening, dem Erfinder und Macher von den Simpsons und Futurama, vorgestellt, der eine DVD meines Films mitnahm, und mir seine Karte gab.
Am meisten freute ich mich aber meine alten Freunde dort zu treffen, insbesondere meine Freunde bei den Walt Disney Studios.
Die folgenden beiden Tage unternahm ich noch viel mit Ihnen, unter anderem konnte ich die Walt Disney Studios in Burbank besuchen, wo all die Filme produziert wurden, die mein Leben und meinen Werdegang so sehr beeinflusst haben.
Mein Trip nach Los Angeles dauerte leider nur insgesamt kurze drei Tage, dann gings zurück nach Paris, um an dem „Minions Film“ weiter zu arbeiten, den Illumination MacGuff gerade produziert. Mit vielen tollen Erinnerungen, neuen Freunden und einem Annie Award im Gepäck kehrte ich ins Studio zurück, wo mir meine Kollegen einen herzlichen Empfang bereiteten mit Applaus und 30 bunten Luftballons auf meinem Schreibtisch.
Die 41. Annie Awards 2014 waren eine einmalige Erfahrung, die niemals in meinem Leben vergessen werde, ein top organisiertes Event von hoher internationaler Bedeutung, bei dem Animationsschaffende mit so vielen Stars der amerikanischen Branche in Berührung kommen können, wie bei sonst kaum einem anderen Animationsevent.
Meinen unendlichen Dank an German Films und AG Kurzfilm, für die finanzielle Unterstützung der Reisekosten, die mir diese Reise ermöglich hat. Ein Traum ist hier für mich wirklich in Erfüllung gegangen.
Video Interview roter Teppich:
https://www.youtube.com/watch?v=Rw9EwR5slMw
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