IndieLisboa 2015
23.4.-3.5.2015
Bericht von Willy Hans (DAS SATANISCHE DICKICHT– EINS)
In der Abflughalle lese ich im Handy noch mal das Programm. Vieles kennt man, vieles nicht. Schon mal gut! Mia Hansen-Love hat eine Retrospektive, Jan Soldat auch. Ich bin gespannt. Von beiden habe ich bis dato mehr gehört als gesehen.
Kurz vor Lissabon macht das Flugzeug seltsame Pirouetten und ich denke: Der nächste Co-Pilot knallt gerade durch. Er landet dann doch, wie es sich gehört, am Flughafen. Ab jetzt ist alles sehr einfach. Ich finde die U-Bahn, das Hotel und anschließend das Gästebüro innerhalb etwa einer Stunde. Es ist der Eröffnungstag; alle sind sehr aufgeregt und geschäftig. Trotzdem werde ich äußerst herzlich empfangen. Man erklärt mir die Stadt, das U-Bahn-System, die Kinostandorte und meine Screening-Termine. Anschließend wird ein Foto von mir gemacht, für die Pinnwand. Ich grinse.
Kurzes Nickerchen im Hotel, ein Espresso an der Ecke und dann in die Stadt. Mein Hotel ist etwas außerhalb, das macht aber nichts, denn ich laufe gerne. Die vielen leerstehenden Häuser sind nicht zu übersehen. Ich lese das Programm im Gehen. Um halb sieben beginnt der Eröffnungsfilm: Capitao Falcao. Eine Komödie über die Zeit des portugiesischen Faschismus. Ich habe noch viel Zeit und gehe nicht an der großen Straße entlang, sondern durch die schmalen Gassen. Meine Füße schmerzen, als ich am Kino ankomme. Wieder Espresso, eine Zigarette und sitzen. Der Empfangssaal füllt sich langsam. Fotografen buhlen um die besten Bilder der eintreffenden portugiesischen Prominenz. Ich kenne keinen, was nicht im Geringsten schlimm ist. Es ist immer noch sehr viel Zeit und ich trinke ein „Imperial“: ein sehr kleines, eiskaltes Bier im Glas. Im Saal finde ich einen Platz in der Mitte. Die beiden Moderatorinnen sprechen fast nur portugiesisch. Ich nicke ein. Dann beginnt der Film. Ein Schenkelklopferwitz jagt den nächsten, der Saal tobt. Am Schluss denke ich, dass ich einfach zu wenig über die portugiesische Geschichte weiß, um mitlachen zu können. Etwas enttäuscht gehe ich eine Pizza essen und dann ins Bett.
Beim Frühstück studiere ich wieder das Programm. Die Filme beginnen erst gegen 15 Uhr. Spazieren, Kaffee, Rauchen und Essen. Ich sehe ein Kurzfilmprogramm. Die RegisseureInnen kenne ich nicht. Ich bin durchweg begeistert. Tolle Programmierung, tolle Filme. Um 19 Uhr dann mein Block. Ich treffe Carlos, den Programmacher und Moderator, schon vor der Vorführung. Er erklärt mir den Ablauf. Naturgemäß bekomme ich feuchte Hände vor dem Screening. Auch hier bin ich wieder ganz beseelt von der tollen Auswahl der Filme. Das Gespräch am Schluss verläuft angenehm. Das portugiesische Publikum hat nicht sehr viele Fragen. Ich komme heil davon. Danach gehe ich mit Freunden aus Deutschland essen. Dorade, Tintenfisch, Pommes, Weißwein. Die vom Festival organisierte Party im First Floor (den portugiesischen Namen erinnere ich nicht) lässt nichts zu wünschen übrig. Durch die alte Sporthalle zucken bunte Laserstrahlen. Wir haben Getränke und zappeln zur Musik. Nachdem meine Beine nicht mehr tanzen können, schlafe ich auf einem Stuhl vor der Halle ein. Einsetzender Regen weckt mich auf und ich gehe ins Hotel.
Der nächste Tag beginnt wie der vorherige. Ich laufe durch die schmalen Gassen der Altstadt. Die alten gekachelten Häuser sehen toll aus. Ich fotografiere viel. Ein kleiner Imbiss, ein Glas Weißwein. Um 15 Uhr gehe ich in „Un histoire américaine“ von Armel Hostiou. Ich bin begeistert. Ein Franzose reist nach New York, um seine verlorengegangene Liebe zurückzugewinnen. Sein Leben gerät darüber außer Kontrolle. Vincent Macaigne spielt als gäbe es nichts zu verlieren. Danach „Tout est pardonné“ von Mia Hansen-Love. Auch toll. Ein drogensüchtiger Vater verliert den Kontakt zu seiner sechsjährigen Tochter. Jahre später treffen sie sich wieder. Das zweite Screening meines Filmes ist wesentlich besser besucht als das erste. Es entsteht eine interessante Diskussion mit dem Publikum nach der Vorführung. Ich nehme ein Taxi um am anderen Ende der Stadt das Kurzfilmprogramm von Jan Soldat zu sehen. Ein Landwirt bekommt von seinem Lebenspartner einen Entspannungsurlaub geschenkt. Er wird eine Woche eingesperrt und gefoltert. Ein junger Mann verbringt seinen Urlaub onanierend zu Hause und ein liebenswürdiges älteres Schwulenpärchen betreibt im Dachstuhl des gemeinsamen Hauses eine Folterkammer. Großartig! In einer kleinen Gruppe zieht man weiter in die nächste Kneipe. Wir vergessen die Zeit. Mit dem Taxi geht’s ins Hotel, wo sich eine noch kleinere Gruppe an der Minibar zu schaffen macht. Plötzlich ist es 6 Uhr morgens und mir fällt ein, dass ich meinen Rückflug nicht verpassen darf. Ich lasse mir ein Taxi rufen und fahre zum Flughafen.
Also, wer die Möglichkeit hat dieses tolle Festival zu besuchen und es nicht tut: ist doof.
In der Abflughalle lese ich im Handy noch mal das Programm. Vieles kennt man, vieles nicht. Schon mal gut! Mia Hansen-Love hat eine Retrospektive, Jan Soldat auch. Ich bin gespannt. Von beiden habe ich bis dato mehr gehört als gesehen.
Kurz vor Lissabon macht das Flugzeug seltsame Pirouetten und ich denke: Der nächste Co-Pilot knallt gerade durch. Er landet dann doch, wie es sich gehört, am Flughafen. Ab jetzt ist alles sehr einfach. Ich finde die U-Bahn, das Hotel und anschließend das Gästebüro innerhalb etwa einer Stunde. Es ist der Eröffnungstag; alle sind sehr aufgeregt und geschäftig. Trotzdem werde ich äußerst herzlich empfangen. Man erklärt mir die Stadt, das U-Bahn-System, die Kinostandorte und meine Screening-Termine. Anschließend wird ein Foto von mir gemacht, für die Pinnwand. Ich grinse.
Kurzes Nickerchen im Hotel, ein Espresso an der Ecke und dann in die Stadt. Mein Hotel ist etwas außerhalb, das macht aber nichts, denn ich laufe gerne. Die vielen leerstehenden Häuser sind nicht zu übersehen. Ich lese das Programm im Gehen. Um halb sieben beginnt der Eröffnungsfilm: Capitao Falcao. Eine Komödie über die Zeit des portugiesischen Faschismus. Ich habe noch viel Zeit und gehe nicht an der großen Straße entlang, sondern durch die schmalen Gassen. Meine Füße schmerzen, als ich am Kino ankomme. Wieder Espresso, eine Zigarette und sitzen. Der Empfangssaal füllt sich langsam. Fotografen buhlen um die besten Bilder der eintreffenden portugiesischen Prominenz. Ich kenne keinen, was nicht im Geringsten schlimm ist. Es ist immer noch sehr viel Zeit und ich trinke ein „Imperial“: ein sehr kleines, eiskaltes Bier im Glas. Im Saal finde ich einen Platz in der Mitte. Die beiden Moderatorinnen sprechen fast nur portugiesisch. Ich nicke ein. Dann beginnt der Film. Ein Schenkelklopferwitz jagt den nächsten, der Saal tobt. Am Schluss denke ich, dass ich einfach zu wenig über die portugiesische Geschichte weiß, um mitlachen zu können. Etwas enttäuscht gehe ich eine Pizza essen und dann ins Bett.
Beim Frühstück studiere ich wieder das Programm. Die Filme beginnen erst gegen 15 Uhr. Spazieren, Kaffee, Rauchen und Essen. Ich sehe ein Kurzfilmprogramm. Die RegisseureInnen kenne ich nicht. Ich bin durchweg begeistert. Tolle Programmierung, tolle Filme. Um 19 Uhr dann mein Block. Ich treffe Carlos, den Programmacher und Moderator, schon vor der Vorführung. Er erklärt mir den Ablauf. Naturgemäß bekomme ich feuchte Hände vor dem Screening. Auch hier bin ich wieder ganz beseelt von der tollen Auswahl der Filme. Das Gespräch am Schluss verläuft angenehm. Das portugiesische Publikum hat nicht sehr viele Fragen. Ich komme heil davon. Danach gehe ich mit Freunden aus Deutschland essen. Dorade, Tintenfisch, Pommes, Weißwein. Die vom Festival organisierte Party im First Floor (den portugiesischen Namen erinnere ich nicht) lässt nichts zu wünschen übrig. Durch die alte Sporthalle zucken bunte Laserstrahlen. Wir haben Getränke und zappeln zur Musik. Nachdem meine Beine nicht mehr tanzen können, schlafe ich auf einem Stuhl vor der Halle ein. Einsetzender Regen weckt mich auf und ich gehe ins Hotel.
Der nächste Tag beginnt wie der vorherige. Ich laufe durch die schmalen Gassen der Altstadt. Die alten gekachelten Häuser sehen toll aus. Ich fotografiere viel. Ein kleiner Imbiss, ein Glas Weißwein. Um 15 Uhr gehe ich in „Un histoire américaine“ von Armel Hostiou. Ich bin begeistert. Ein Franzose reist nach New York, um seine verlorengegangene Liebe zurückzugewinnen. Sein Leben gerät darüber außer Kontrolle. Vincent Macaigne spielt als gäbe es nichts zu verlieren. Danach „Tout est pardonné“ von Mia Hansen-Love. Auch toll. Ein drogensüchtiger Vater verliert den Kontakt zu seiner sechsjährigen Tochter. Jahre später treffen sie sich wieder. Das zweite Screening meines Filmes ist wesentlich besser besucht als das erste. Es entsteht eine interessante Diskussion mit dem Publikum nach der Vorführung. Ich nehme ein Taxi um am anderen Ende der Stadt das Kurzfilmprogramm von Jan Soldat zu sehen. Ein Landwirt bekommt von seinem Lebenspartner einen Entspannungsurlaub geschenkt. Er wird eine Woche eingesperrt und gefoltert. Ein junger Mann verbringt seinen Urlaub onanierend zu Hause und ein liebenswürdiges älteres Schwulenpärchen betreibt im Dachstuhl des gemeinsamen Hauses eine Folterkammer. Großartig! In einer kleinen Gruppe zieht man weiter in die nächste Kneipe. Wir vergessen die Zeit. Mit dem Taxi geht’s ins Hotel, wo sich eine noch kleinere Gruppe an der Minibar zu schaffen macht. Plötzlich ist es 6 Uhr morgens und mir fällt ein, dass ich meinen Rückflug nicht verpassen darf. Ich lasse mir ein Taxi rufen und fahre zum Flughafen.
Also, wer die Möglichkeit hat dieses tolle Festival zu besuchen und es nicht tut: ist doof.