Brooklyn International Film Festival 2010
Bericht von Esther Löwe (NOISE)
Als ich am 3.6. in New York ankam, fuhr ich direkt zum Roger Smith Hotel in der Midtown, wenige Gehminuten vom Times Square entfernt. In typischer Jetlag Manier wachte ich in der 1. Nacht um drei auf, hellwach und voller Vorfreude auf die kommenden Tage beim Brooklyn International Filmfestival. Der Straßenverkehr aus dem 10. Stock des Hotels war vom Lärmpegel nicht abgeklungen und es klang wie mitten am Tage draußen. So entschied ich mich noch einen Nachtspaziergang durch die Strassen New Yorks zu machen. Auf meinem Weg durch die Lobby entdeckte ich eine andere junge Nachteule und sprach sie, da außer ihr niemand anderes aufzufinden war, an. So lernte ich schon in der ersten Nacht eine andere Teilnehmerin des Festivals kennen; eine polnische Filmemacherin, die ihren Dokumentarfilm vorstellen würde.
Am nächsten Abend fand die Eröffnungsfeier des Festivals im Brooklyn Heights Cinema in Brooklyn Heights, statt. Ich überquerte den Fluss über die Brooklyn Bridge und entdeckte das wunderschöne alte Kino. Obwohl die meisten Besucher in den Film GABI ON THE ROOF IN JULY, einem Film des aus Brooklyn stammenden Regisseurs Lawrence Michael Levine, strömten, entschied ich mich in den Film DER FÜRSORGER aus der Schweiz zu gehen. Der etwas bizarre Zusammenhang eine solch lokalpatriotische Satire in einem Indiefilmfestival in New York zu sehen amüsierte mich sehr.
Die Eröffnungsparty in einer riesigen Fabrikhalle mit Aussicht auf die Brooklyn Bridge, die sofort an Filme wie ES WAR EINMAL IN AMERIKA erinnerte, war eine spannende Veranstaltung, bei der ich die beiden Gründer und Leiter, ein italo-britisches Ehepaar des Festivals kennenlernte. Vor allem Susan Mackell schloss mich gleich in ihr Herz und stellte mir mehrere andere Filmemacher aus aller Welt und in Brooklyn arbeitenden Videokünstler vor.
Das Festival ist eine durchweg gut organisierte Veranstaltung. Die Filme liefen in zwei Kinos, dem Brooklyn Heights Cinema mit zwei Sälen und dem IndieScreen Kino, das mit dem Festival seine Eröffnung feierte. Jeden Abend gab es an zwei wechselnden Orten, jeweils in Reichweite beider Kinos, in einer Kneipe oder einem Restaurant, ein Networking-Event bei dem man sich sowohl in Gruppen, nach den jeweiligen Screenings, oder auch alleine, zum Kennenlernen oder diskutieren treffen konnte.
Bei jedem Film erhielten die Zuschauer einen Stimmzettel auf dem sie für den Publikumsliebling stimmen konnten. Am Sonntag den 6.6. 2010 und auch am darauffolgenden Mittwoch stellte ich den Dokumtarfilm TEHERAN KITCHEN von einer befreundeten Filmemacherin, Pola Schirin Beck, vor. Sie hatte mich gebeten, ein Statement in dem Q&A nach den beiden Screenings beim Festival vorzulesen, da sie selbst verhindert war. Grundsätzlich waren die Q&As sehr verschieden, schon dabei erkannte ich, wie viele der Zuschauer selber in dem Beruf arbeiten. Für mich war es sehr interessant einen Dokumentarfilm zu vertreten, da ich selber keine Erfahrung mit diesem Format habe. Dort lernte ich drei Damen von der Organisation „Women in Film and Television“, die großes Interesse an meinem Film zeigten und denen ich die Kurzfilmkompilationen der AG Kurzfilm und German Films übergab.
NOISE lief bei beiden Vorstellungen im IndieSreen Kino, was mich sehr freute, da das Kino seitens der Technik, auf dem aktuellstem Stand ist und NOISE vor allem im Ton dies benötigt, um seine volle Wirkung zu entfalten (leider war jedoch die Klimaanlage bei der ersten Vorstellung so laut, dass ich bei der zweiten Vorstellung darum gebeten habe diese aus zu lassen). NOISE passt offensichtlich gut in die Experimentalfilmkategorie, da ich von vielen Leuten angesprochen wurde, mit Fragen und Komplimenten. So ergab es sich, dass der Kinosaal, der ungefähr 50 Menschen Platz bietet, zur zweiten Vorstellung sehr überfüllt war – obwohl der Filmblock erst um 22:30 begann und die Abschlussparty parallel lief!
Am letzten Abend des Festivals fand die Preisverleihung statt. Ich war positiv überrascht, dass der Dokumentarfilm THE MINUTEMEN MOVIE den Grand Chameleon Prize gewann, da ich eher mit einem Sieg für Brooklyn rechnete und der Film mich mitgerissen hatte. Von den 101 Filmen, die aus 2400 Einreichungen ausgewählt wurden, hatte ich weit über die Hälfte gesehen und viele interessante Kontakte geknüpft.
Vorallem zur der Organisation WIFT möchte ich den Kontakt aufrecht erhalten, auch deshalb, weil sie NOISE gerne auf einer Veranstaltung in L.A. zeigen möchten, bei der Filme von jungen Filmemacherinnen aus aller Welt gezeigt werden sollen. Besonders freut mich die Verbindung zu Marco Ursino und Susan Mackrell vom Festival selbst, die meine zukünftigen Filme gebührenfrei fürs Festival sichten werden.
Mit dem Publikumspreis für den besten Experimentalfilm ausgezeichnet zu werden, verdanke ich natürlich hauptsächlich meinem fantastischen Team und aber auch der AG Kurzfilm und German Films, da sie mir ermöglichten, in New York an den interessanten Publikumsdiskussionen meines Filmes teilnehmen zu können.